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NOMOS: Der Düsseldorfer Visionär feiert seinen 70. Geburtstag

October 30, 2023 | Lesedauer: 5 Minuten
Autor: Harald Saller | 2 Kommentare | oacsspl

Roland Schwertner gründete 1990 die Uhrenmarke NOMOS GLASHÜTTE. Zu Beginn musste sich das Unternehmen die Telefonleitung noch mit der benachbarten Imbissbude teilen. Heute ist es einer der erfolgreichsten Uhrenhersteller Deutschlands, der sich dem Deutschen Werkbund verpflichtet und den Bauhaus-Stil bei seinen Modellen perfektionierte.

Das Jahr 1990 war für Deutschland von großer Bedeutung: Es markierte nicht nur die Wiedervereinigung des Landes, sondern auch den Sieg der Fußballnationalmannschaft im Finale der Weltmeisterschaft in Italien gegen Argentinien mit 1:0. Gleichzeitig erlebte der bis dahin eher unbekannte Ort Glashütte in Sachsen ein Wiederaufleben der Uhrmacherkunst.

Bildquelle NOMOS Glashütte

Ein Düsseldorfer entdeckte Glashütte

Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung Deutschlands verlegten viele Firmen ihren Sitz in den Westen. Der Düsseldorfer Roland Schwertner hingegen nahm einen gegenteiligen Weg. „Ich kannte diesen sächsischen Ort bis zur Wende gar nicht. Aber die Uhrmacher an den Berufsschulen hatten Tränen in den Augen, wenn sie von Glashütte sprachen. Also bin ich hingefahren und habe mir das angesehen“, sagte Schwertner in einem Interview mit dem Manager Magazin. Schwertner hatte Betriebswirtschaft in Dortmund studiert und sich danach auf die Gebiete Steuern und Revision spezialisiert. Später arbeitete er in der IT-Branche, wo er eine Uhrenfirma im Bereich der Informationstechnologie beraten hatte. Das habe ihn bestärkt, nach einer neuen Geschäftsidee zu suchen.

 

Foto von NOMOS-Gründer Roland Schwertner.
Bildquelle NOMOS Glashütte

Schwertner war von Glashütte und seiner Uhrentradition so fasziniert, dass er am 1. Januar 1990 die Marke NOMOS gründete. Der geschickte Geschäftsmann wählte den Namen Nomos bewusst aus. Dieser Name leitet sich vom griechischen Wort „nómos“ ab, was „Gesetz“ oder „Regel“ bedeutet. Er spiegelt die Prinzipien und Philosophie der Marke wider, die auf Präzision, Handwerkskunst und klares Design basieren. Der Anfang war schwer, denn die benötigte Infrastruktur musste erst errichtet werden. So teilte sich das junge Unternehmen am Anfang die Telefonleitung mit der benachbarten Imbissbude.

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Schwertner und sein Team werden im Archiv fündig

„Unser Ziel war es, in unseren Uhren das Alte mit dem Neuen zu verbinden, um die handwerkliche Tradition in Glashütte fortzusetzen”, sagte Schwertner in einem Interview. Er und seine zwei Mitarbeiter durchforsteten zahlreiche Archive, insbesondere aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Diese Modelle sollten für den weiteren Weg von entscheidender Bedeutung sein. Nach Kriegsende gehörte Glashütte zur DDR. Während weiterhin Uhren produziert wurden, waren diese eher für die breite Masse bestimmt und weniger von ausgefeilter Handwerkskunst geprägt, die zahlreiche Komplikationen beinhaltet. 

Bildquelle NOMOS Glashütte

Deutscher Werkbund und Bauhaus-Stil als Gradmesser

Schwertner verpflichtete sich von Beginn an dem Deutschen Werkbund. Dabei handelt es sich um eine wichtige Bewegung in der deutschen Kunst und Designgeschichte des 20. Jahrhunderts. Diese Bewegung wurde im Jahr 1907 in München gegründet und hatte das Ziel, die Qualität und das Design von Industrieprodukten in Deutschland zu verbessern. Der Werkbund setzte sich dafür ein, die Trennung zwischen Kunst und Handwerk aufzubrechen und eine engere Verbindung zwischen Designern, Handwerkern und Industrieunternehmen herzustellen.

Bildquelle NOMOS Glashütte

Beim Design orientiert sich das Unternehmen am Bauhaus-Stil (1919 bis 1933). Der Bauhaus-Stil, auch einfach als Bauhaus bekannt, ist eine einflussreiche Design- und Kunstbewegung, die in Deutschland entstand war. Walter Gropius gründete 1919 die erste Kunstschule in Weimar. In den folgenden Jahren gewann der Bauhaus-Stil an Bedeutung.

Diese Kunstbewegung zeichnet sich durch eine klare und minimalistische Ästhetik aus, die Funktionalität, Einfachheit und die Verwendung industrieller Materialien betont. Sämtliche Formen folgen der Funktion. Bauhaus-Designer bevorzugten die Verwendung von industriell hergestellten Materialien wie Stahl, Glas und Beton, um die Kosten niedrig zu halten.

Erste Modelle, ein eigenes Kaliber und viele Auszeichnungen

Ein Jahr nach der offiziellen Gründung präsentierte NOMOS 1992 seine ersten Modelle. Am Anfang wurden die Werke zugekauft, seit 2005 verbaut das Unternehmen nur noch eigengefertigte Uhrwerke, deren Bauteile größtenteils aus eigener Manufaktur stammen. Seit 2015 werden diese sukzessive mit dem hauseigenen Assortiment („Nomos-Swing-System“) ausgestattet und in diesem Zuge umbenannt in „Deutsche Uhrenwerke“ (DUW)

Die Werke von NOMOS zeichnen sich durch eine geringe Höhe, ihre Ganggenauigkeit und durch höchste Qualität bei der Verarbeitung aus. Diese hervorragende Arbeit blieb auch den Juroren bei unterschiedlichen Design-Wettbewerben nicht verborgen. Als zweite nicht-schweizerische Marke nach A. Lange & Söhne wurde NOMOS 2018 mit dem Modell Tangente Neomatik 41 Update beim prestigeträchtigen Grand Prix d’Horlogerie de Genève ausgezeichnet. Insgesamt gewann das Unternehmen bis heute über 160 Preise und Wettbewerbe.

Bildquelle: NOMOS Glashütte
Bildquelle: NOMOS Glashütte
Bildquelle: NOMOS Glashütte

NOMOS gewinnt Preise und unterstützt Ärzte ohne Grenzen

Diese hervorragende Arbeit blieb auch den Juroren bei unterschiedlichen Design-Wettbewerben nicht verborgen. Als zweite nicht-schweizerische Marke nach A. Lange & Söhne wurde NOMOS 2018 mit dem Modell Tangente Neomatik 41 Update beim prestigeträchtigen Grand Prix d’Horlogerie de Genève ausgezeichnet. Insgesamt gewann das Unternehmen bis heute über 170 Preise und Wettbewerbe.

Als Auszeichnung versteht NOMOS jedoch auch die seit 2012 bestehende Kooperation mit der unabhängigen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen – denn dafür mussten viele Voraussetzungen, die Unbedenklichkeit der Uhrenmanufaktur in Fragen der sozialen Nachhaltigkeit erfüllt sein. Mehrere Tausend Uhren hat NOMOS bis heute schon zur Unterstützung der Arbeit dieser nobelpreisgekrönten Hilfsorganisation gefertigt und verkauft und deutlich über eine Million Euro für die Nothilfe zur Verfügung gestellt.

Bildquelle NOMOS Glashütte

Das Unternehmen verpflichtet sich zum Gütesiegel

Der beschauliche Ort Glashütte (mit allen Ortsteilen rund 7000 Einwohner) hat sich in den vergangenen 30 Jahren zum Zentrum der deutschen Uhrenindustrie entwickelt. Das verdankt es zu einem Teil auch Roland Schwertner, der als Erster nach der Wende das Potenzial dieses geschichtsträchtigen Städtchens entdeckt hatte. Glashütte hat mittlerweile sein eigenes Gütesiegel, die gesetzlich geschützte Herkunftsbezeichnung. Um sicherzustellen, dass Produkte das “Glashütte”-Label tragen dürfen, müssen sie bestimmte Kriterien und Standards erfüllen, die von einer Vereinigung von Uhrenherstellern in Glashütte festgelegt wurden. Dafür müssen mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung beim Kaliber in Glashütte erfolgen. Die Fertigungstiefe bei NOMOS ist jedoch viel höher. Sie beträgt bis zu 95 Prozent. Dieses Label ist ein Qualitätsmerkmal und ein Symbol für die lange Tradition und das Know-how der Uhrmacher in dieser Region.

Breitling Avenger

Das ist NOMOS heute

Gemeinsam mit Roland Schwertner bilden Uwe Ahrendt (Bild unten, links), CEO der Uhrenmanufaktur, und Judith Borowski, verantwortlich für Marke und Design, die Geschäftsführung des Unternehmens. NOMOS beschäftigt derzeit rund 200 Mitarbeiter. Die Mehrheit, rund 180, arbeitet am Traditionsstandort Glashütte, wo Uhrwerke und Armbanduhren gefertigt werden. Auf die Standorte Berlin, wo Produkt-Designer, Grafiker, Autoren, Fotografen, Programmierer und Projektmanager tätig sind und New York, Hongkong, Shanghai sowie Como in Italien verteilen sich weitere rund 20 NOMOS-Kolleginnen und Kollegen. Wie viele Uhren NOMOS im Jahr produziert, ist nicht bekannt. Brancheninsider schätzen die Anzahl jedoch auf etwa 60.000 Stück.

Bildquelle NOMOS Glashütte
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Harald Saller

Mein Einstieg in die Welt der Uhren verdanke ich einem Film. Als Kind war ich fasziniert von dem actionreichen Streifen "Le Mans" mit Steve McQueen. Dank ihm wurde die Heuer Monaco zu einer Ikone in der Uhrenwelt.

Dieses Modell markierte auch meinen Einstieg in die Welt des Uhrensammelns. Es sollte jedoch 15 Jahre dauern, bis ich mir meine damalige Traumuhr leisten konnte.

Im Laufe der Jahre verschieben sich Interessensbereiche. Bei mir war es nicht anders. In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich intensiv mit Uhren, ihren Techniken und Geschichten auseinandergesetzt. Ich schaue gerne hinter die Kulissen.

Aber was ist eigentlich das Faszinierende an Uhren? Ich könnte jetzt eine lange Liste erstellen, um zu erklären, warum das Sammeln von Uhren ein tolles Hobby ist. Letztendlich sind es jedoch die positiven Emotionen, die Armbanduhren in mir wecken. Ich versuche, diese Emotionen in meinen Texten unseren Leserinnen und Lesern näherzubringen.

2 Comments

  1. Danke für diesen informativen Artikel.
    Alles Wissenswerte über die Marke aufbereitet. Kompliment.

    Es wäre eventuell noch erwähnenswert gewesen, das ein Besuch des “Örtchens” Glashütte mit dem Besuch des dortigen Uhren-Museums für jeden Uhrenliebhaber irgendwann mal auf der Agenda stehen sollte.
    Mich hat es auch erst im vorigen Jahr dorthin verschlagen und ich muss sagen, absolut sehenswert. Klare Empfehlung.

    Ih glaube auch eine NOMOS sollte in keiner Uhrensammlung fehlen.
    Einmaligkeit und Wiedererkennungswert sind auf jeden Fall bei NOMOS gegeben.

    Mit freundlichen Grüßen
    Heiko Lehmann

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