Slide 1

IWC Portugieser Automatic 40: Ist sie ein Sammlerstück?

February 12, 2024 | Lesedauer: 7 Minuten
Autor: Luca Cordes | 0 Kommentare | oacsspl

Die IWC Portugieser ist ein Klassiker, der sich immer wieder neu erfindet. Ein Beispiel dafür ist nicht zuletzt die Automatic 40 mit rosafarbenem Zifferblatt. Ein Zeitmesser zwischen Tradition und Moderne – auf der Suche nach Balance. Das Review. 

Mit einer einzigartigen Geschichte voller Höhen und Tiefen macht die IWC Portugieser von sich reden. Dass das Erfolgsmodell des Herstellers aus Schaffhausen bis heute im Programm ist, gilt nicht als Selbstverständlichkeit. Bereits mehrfach stand die Kollektion vor dem Aus. Mit der Portugieser Automatic 40 buhlt jetzt allerdings die nächste Generation um die Gunst der Uhrenliebhaber. Ob sie das Zeug zum Sammlerstück hat?

Lehrstunde: Zahlen, Daten und Fakten

Uhrwerk

  • Werk: Automatik

  • IWC Manufakturkaliber: 82200

  • Gangreserve: 60 Stunden

Gehäuse

  • Material: Edelstahl

  • Durchmesser: 40,4 mm

  • Dicke: 12,3 mm

  • Lug-to-Lug: 49 mm

  • Gehäuseboden: Glasboden

  • Wasserdichtigkeit: 30 Meter

  • Krone: unverschraubt

  • Glas: Saphirglas

Zifferblatt
 
  • Farbe: Rosa

  • Stundenskala: Arabische Ziffern

  • Zeigermaterial: Edelstahl

  • Zeigerfarbe: Silber

Armband
 
  • Material: Alligatorleder in schwarz

  • Anstoßbreite: 20 mm

  • Schließe: Faltschließe

Listenpreis: 7.700,00 € 
Die IWC Portugieser Automatic 40 mit kupferfarbenem Zifferblatt liegend auf einem schwarzen Untergrund mit weißer Schrift vor einem weißen Hintergrund mit Struktur
Newsletter-Sign-Up

Zeitreise: Die Geschichte der IWC Portugieser

Wir schreiben das Jahr 1939, in dem die erste IWC Portugieser auf den Markt kam. Erstaunlich ist, dass einige wesentliche Designmerkmale dieser Uhr bis heute bei den aktuellen Modellen Bestand haben. Etwa die langen, dünnen Feuille-Zeiger, die arabischen Ziffern, die extrem schmale Lünette oder die große Aufzugskrone. Im Jahr ihrer Vorstellung zeichnete sich die IWC Portugieser außerdem durch ihre für damalige Verhältnisse extrem stattliche Größe von 41,5 Millimetern aus, die einen besonderen Grund besaß. 

1938 kamen zwei portugiesische Uhrenimporteure auf IWC zu und hatten einen ungewöhnlichen Auftrag im Gepäck. Während der Trend in dieser Zeit hin zu schmalen Armbanduhren ging, baten die Herren um die Herstellung von massiven Edelstahl-Armbanduhren, die sehr ganggenau und mit Taschenuhrkalibern ausgestattet sein sollten. Die Begründung: Es bestehe in ihrem Heimatland ein Markt dafür, denn Kapitäne und Offiziere der portugiesischen Handelsflotte bräuchten große Armbanduhren im Stil eines präzisen Marinechronometers.

Erste IWC Portugieser aus 1939 mit weißem Zifferblatt vor weißem Hintergrund
Bildquelle: IWC

Die Verantwortlichen von IWC waren schlau genug, sich diesen Auftrag nicht entgehen zu lassen. So fertigten sie entsprechende Zeitmesser nach den Wünschen der Auftraggeber in kleiner Stückzahl an und statteten sie mit dem seit 1913 existierenden Taschenuhrkaliber 74H4 aus. Dieses besaß Raffinessen wie etwa eine Brequet-Spirale und eine Schwanenhals-Feinregulierung. Außerdem galt das Werk als sehr robust und präzise.

Es hätte eine schöne Erfolgsgeschichte sein können, wäre die erste Generation der IWC Portugieser nicht ein absoluter Flop gewesen. Laut Überlieferungen sollen bis ins Jahr 1944 nur einige hundert Exemplare verkauft worden sein. Der Hersteller reagierte und führte Mitte der 1940er-Jahre ein neueres und schlankeres Werk ein, doch auch diese Maßnahme trug nicht zu besseren Verkaufszahlen bei. In der Folge fiel die Portugieser in einen Dornröschenschlaf, der erst Anfang der 1970er-Jahre kurz vor dem Beginn der Quarzkrise enden sollte. 

IWC brachte eine limitierte Edition heraus, die in Deutschland erhältlich war und dank einiger Restbestände des Originalgehäuses hergestellt werden konnte. Die zweite Generation der Portugieser, diesen Namen trug die Uhr damals übrigens noch nicht, wurde vom Cal. 982 angetrieben, das ein IWC-Standardwerk mit Handaufzug für Taschenuhren war. Dieses Modell fand Anklang und verkaufte sich gut. Von langer Dauer sollte der Erfolg dennoch nicht sein. Dem Hersteller gingen die Gehäuse aus und die Portugieser flog erneut für lange Zeit aus dem Programm. 

Erst anlässlich des 125. Firmenjubiläum im Jahre 1993 fand die Portugieser ihren Weg aus der Versenkung heraus und präsentierte sich erstmal auch unter diesem Namen. Zwar blieb das Design den Ursprüngen treu, doch waren die Uhren nun mit einem Glasboden versehen, der einen Blick auf das Cal. 9828 gewährte. Dabei handelte es sich nach wie vor um ein aufwendig verziertes Taschenuhrwerk mit Handaufzug. Bei Uhrenliebhabern kam das Modell gut an, was auch daran gelegen haben dürfte, das große Uhren in den 1990er-Jahren in Mode waren. Sehr zur Freude von IWC, die in den darauffolgenden Jahren ein Erfolgsmodell aus der Portugieser machten. 

Im Jahr 2000 hielt mit der Portugieser Automatic 2000 erstmals ein Automatikwerk Einzug in die Modellreihe. 2003 erschien die Portugieser zudem mit ewigem Kalender und 2004 folgte die Portugieser Tourbillon Mystère. Ein Jahr später kam eine Variante mit Minutenrepetition. Ein wichtiger Meilenstein war auch die Einführung des Chronographen-Manufakturkalibers 69355 in 2020.

IWC Portugieser mit ewigem Kalender in gold vor weißem Hintergrund
Bildquelle: IWC
Breitling Avenger

Augenblick: Design und Verarbeitung

Das Design der IWC Portugieser Automatic 40 orientiert sich stark am Originalmodell aus 1939. Als Parallelen erweisen sich etwa die eleganten Feuille-Zeiger, die applizierten arabischen Ziffern, eine schmale, polierte und bombierte Lünette sowie eine abgesenkte kleine Sekunde auf der 6 Uhr Position. Von der Ur-Portugieser unterscheidet sie sich wiederum durch einen kleineren Durchmesser von exakt 40,4 Millimetern und eine Eisenbahnmintuerié auf dem Zifferblatt, das komplett ohne Leuchtmasse und mit nur wenig Text auskommt. Der Hingucker ist bei dieser Variante jedoch ohne Zweifel das Zifferblatt selbst. IWC bezeichnet es als rosa, wobei ich lieber von kupferfarben sprechen würde. So oder so ist es wunderschön anzusehen und begeistert mit einem imposanten Sonnenschliff

Während die Gehäuseoberseite der IWC Portugieser Automatic 40 komplett poliert ist, sind die Flanken horizontal satiniert und erzeugen so einen gelungen Kontrast. Einen edlen Touch verleiht der Uhr das schwarze Alligatorlederarmband, das mit einer Faltschließe kommt und ganz ausgezeichnet zum hochwertigen Look der Portugieser passt. Das bringt uns fast schon automatisch zur Verarbeitungsqualität dieses Zeitmessers, der IWC typisch keine Wünsche offen lässt. Selbst kleinste Details muten unter meinem Makro-Objektiv einwandfrei an und offenbaren eine beeindruckende Fertigungstiefe. Für einen Listenpreis von 7.700,00 Euro erwarte ich diese allerdings auch. 

Sollte dir das rosane Zifferblatt nicht gefallen, dann habe ich noch eine gute Nachricht für dich: Es gibt die IWC Portugieser Automatic 40 auch mit einem silbernenweißen, schwarzen, blauen und grünen Zifferblatt, sowie am Edelstahlarmband und verschiedenfarbigen Lederbändern.

Nahaufnahme des kupferfarbenen Zifferblattes der IWC Portugieser Automatic 40

Unruhstiftung: Das Werk der IWC Portugieser Automatic 40

Unter dem offenen Gehäuseboden der Portugieser Automatic 40 arbeitet das IWC eigene Manufakturkaliber 82200 mit einem automatischen, effizienten Pellaton-Aufzug. Dieser geht auf den einstigen Technischen Direktor von IWC, Albert Pellaton, zurück, der diese Entwicklung Mitte der 1950er-Jahre erfand und patentieren ließ. Bis heute schützt es die feine Mechanik des Herstellers vor Magnetfeldern. Das 82200 bietet zudem eine sehr ordentliche Gangreserve von 60 Stunden, schwingt mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde und besteht aus 192 Komponenten. 

Großen Wert legt IWC bei seinen selbst entwickelten Kalibern außerdem auf einen möglichst geringen Verschleiß. Aus diesem Grunde sind besonders strapazierte Bauteile, wie etwa das Automatikrad und die Klinken, aus Keramik hergestellt. So wird eine hohe Langlebigkeit garantiert. Jedoch nicht auf Kosten der Ästhetik, denn auch an die hat der Hersteller gedacht. Neben einem skelettierten Rotor können wir Uhrenliebhaber uns auf ein mit Perlenschliff und Genfer Streifen verziertes Werk freuen.

Nahaufnahme des offenen Gehäusebodens der IWC Portugieser Automatic 40 vor weißem Hintergrund
Bildquelle: IWC Schaffhausen

U(h)rgefühl: So trägt sich die IWC Portugieser Automatic 40

Die IWC Portugieser Automatic 40 ist definitiv keine kleine Uhr. Dieser Fakt wird auch beim Tragen am Handgelenk deutlich, denn sie fühlt sich größer an, als es der Durchmesser auf den ersten Blick vermuten lässt. Das liegt maßgeblich auch am Lug-to-Lug von 49 Millimetern, der schon ein erstes Indiz für die tatsächlich recht langgezogenen Hörner ist. Auch relevant für das Tragegefühl: die Gehäusehöhe von 12,3 Millimetern! Insgesamt kommt die IWC Portugieser Automatic 40 somit eher sportlich, als filigran daher und setzt einen gewissen Handgelenksumfang voraus. Anprobieren ist bei dieser Uhr somit wieder einmal Pflicht. Wem sie jedoch passt, der wird das anschmiegsame Lederarmband und die von IWC gewohnte Premium-Anmutung genießen können. 

Die Krone ist zwar etwas kleiner geraten, aber dennoch sehr griffig. Beim Einstellen der Zeit vermittelt sie ein erhabenes Gefühl und bietet uns Uhrenliebhabern damit genau das, wonach wir uns verzehren. Das gilt auch für den Aufzug, der so butterweich ist, dass ich mir zuerst unsicher war, ob du Krone überhaupt in der richtigen Position ist. Hier hat IWC ganze Arbeit geleistet und bietet keinen Anlass zur Kritik. Das leicht gewölbte und beidseitig entspiegelte Saphirglas sorgt derweil für eine gute Ablesbarkeit, die jederzeit gegeben ist. Etwas Sicherheit beim Tragen im Alltag vermittelt außerdem der verschraubte Gehäuseboden, wenngleich sich die Wasserdichtigkeit dennoch auf lediglich 30 Meter beläuft und die Uhr somit keinesfalls zum Schwimmen geeignet ist. 

IWC Portugieser Automatic 40 mit kupferfarbenem Zifferblatt gehalten von einer Hand vor grauem Hintergrund

-4/+6 Sekunden: Meine Meinung zur IWC Portugieser Automatic 40

Die IWC Portugieser Automatic 40 lässt mich tatsächlich mit einem Fragezeichen zurück. Die Verarbeitungsqualität ist hervorragend, das Zifferblatt unfassbar schön und auch der offene Gehäuseboden mit dem Blick auf das technisch einwandfreie und toll verzierte IWC-Manufakturkaliber 82200 gefällt mir gut. Eine Antwort ist mir diese Uhr aber schuldig geblieben und das ist die, was sie eigentlich selbst sein möchte. Eine Dressuhr? Dafür spricht das elegante Zifferblatt mit der kleinen Sekunde auf 6 Uhr, den applizierten arabischen Zahlen und den stilvollen schlanken Feuille-Zeigern. Dagegen spricht wiederum das keinesfalls filigrane Gehäuse, das sie eher wie eine Sportuhr daherkommen lässt. Um aber eine solche zu sein, fehlen ihr eine verschraubte Krone und die vollen 100 Meter Wasserdichtigkeit. 

Die IWC Portugieser Automatic 40 lässt sich in keine Schublade stecken. Einerseits verwirrt mich das, doch andererseits beeindruckt mich die unkonventionelle Aura, die diese Uhr umgibt, genauso sehr. Schließlich besaß die erste Portugieser-Generation aus dem Jahre 1939 ebenfalls die Eigenschaft, gegen den Strom zu schwimmen. In einer Zeit, in der kleine und elegante Zeitmesser gefragt waren, war sie sprichwörtlich der Elefant im Porzellanladen. Blicken wir auf die Uhrentrends von heute, so erlebt die Portugieser Automatic 40 fast ein Déjà-vu: Wieder geht die Tendenz hin zu kleineren Modellen und wieder wirkt sie selbst etwas zu groß oder schlicht keiner klassischen Kategorie zugehörig. Ist das nun ein Makel oder eine Charaktereigenschaft mit historischem Bezug, die sie gerade deshalb zu einem Sammlerstück werden lässt? Ich kann mich irgendwie noch immer nicht entscheiden. Was meinst du?

Teile deine Meinung mit der ALTHERR Community und mir unter diesem Beitrag in den Kommentaren. Wenn du die IWC Portugieser Automatic 40 einmal selbst erleben möchtest, dann schicke uns eine Email an [email protected]. Die Kolleginnen und Kollegen in Berlin beraten dich gerne persönlich. 

Longines Hydroconquest
beworbener Magazin-Beitrag
Teile den Beitrag
Avatar photo
Luca Cordes

Kannst du dich noch an deine allererste Armbanduhr erinnern? Bei mir war es eine Scout mit einem wunderschönen blauen Zifferblatt. Ich war vielleicht zwölf oder 13 Jahre alt und liebte diese Uhr. Ich trug sie immer und zu jedem Anlass – bis sie mir während des Sportunterrichts gestohlen wurde. Vielleicht ist in genau diesem Verlust meine spätere Leidenschaft für das Sammeln von mechanischen Uhren begründet. Doch genug mit den Geschichten aus meiner traurigen Kindheit ;-)

Mein Name ist Luca Cordes, ich bin 31 Jahre alt, komme ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und lebe seit mittlerweile mehr als sieben Jahren in Berlin. Hier arbeite ich als Business Ghostwriter, Medientrainer, Autor und Berater. Bei ALTHERR bin ich für den Bereich „Text“ verantwortlich und werde dich ab sofort mit erstklassigen Inhalten rund um die Welt der Uhren versorgen. Jede Woche kannst du dich auf Neuvorstellungen, Reviews und viele weitere spannende Themen im ALTHERR Magazin freuen.

Weißt du, worüber ich mich freuen würde? Wenn du einen Kommentar unter meinen Beiträgen hinterlässt, wir in den Austausch treten und auch hier den sowieso schon starken Community-Gedanken von ALTHERR fortführen! Ich empfinde es als großes Glück, unsere Begeisterung für Luxusuhren gemeinsam ausleben zu können. Und wie sagte einst schon der Philosoph Albert Schweitzer: „Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“

In diesem Sinne freue ich mich von dir zu lesen!

Wenn du mehr über meine Arbeit bei ALTHERR erfahren und wissen möchtest, mit welchen spannenden Uhren ich mich gerade beschäftige, dann folge mir auf Instagram @hestyleswatches.

Dein Luca

Hat dir unser Artikel gefallen? Schreibe uns deine Meinung und diskutiere mit unserer Community!

Deine E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *