Wer IWC sagt, muss auch Big Pilot sagen! Fast keine andere Uhr steht so sehr für die Marke aus Schaffhausen in der Schweiz. Neben den klassischen Varianten mit 46 Millimetern im Durchmesser gibt es die Fliegerikone mittlerweile auch mit einem 43 Millimeter Gehäuse. Ob sie als eine waschechte Pilotenuhr ebenfalls überzeugen kann, klären wir im heutigen Review.
In den letzten Wochen und Monaten habe ich dir hier im ALTHERR Magazin so einige Uhren von IWC vorgestellt. Ob es die neue Mark XX war, der Fliegerchrono in Bronze, die Portugieser oder die Portofino – all diese Modelle stehen mit ihren Eigenschaften und Geschichten für eine Facette von IWC. Und dann ist da noch dieses eine besondere Modell, über das wir hier noch nicht gesprochen haben und das mit seinem Ikonen-Status fast alle anderen überstrahlt. Es ist die Big Pilot! Sie ist der Airbus A380 unter den Fliegeruhren – und ebenso groß ihr Versprechen.
Wer eine Big Pilot am Handgelenk trug, der reiste immer auch zurück in eine Zeit, in der die Militärfliegerei noch ein echtes Wagnis darstellte und Piloten auf analoge Instrumente angewiesen waren. Doch was ist bis heute geblieben von diesem einzigartigen Toolwatch-Charakter? Kann die Big Pilot auch mit dem neueren 43 Millimeter Gehäuse überzeugen? Und welche wichtigen Meilensteine gab es überhaupt in der Geschichte dieser Uhr? Antworten darauf bekommst du gleich nach den technischen Daten zur Referenz IW329301.
Lehrstunde: Zahlen, Daten und Fakten
Uhrwerk
Werk: Automatikaufzug
Kaliber: 82100
Gangreserve: 60 Stunden
Gehäuse
Material: Edelstahl
Durchmesser: 43 mm
Dicke: 13,6 mm
Gehäuseboden: Glasboden
Wasserdichtigkeit: 100 Meter
Krone: verschraubt
Glas: Saphirglas
Farbe: schwarz
Stundenskala: arabische Ziffern
Zeigerfarbe: silber
Zeigermaterial: Edelstahl
Material: Kalbsleder
Farbe: braun
Anstoßbreite: 21 mm
Schließe: Faltschließe mit Dorn
Zeitreise: Die Geschichte der IWC Big Pilot
Die Geschichte der Big Pilot begann im Jahr 1940, als IWC neben Laco, Stowa, Wempe und A. Lange & Söhne Zeitmesser für die Deutsche Luftwaffe herstellte. Laut Überlieferungen sollen es 1.000 Stück gewesen sein, die IWC von der “B-Uhr”, wie sie damals genannt wurde, fertigte. Die Referenz 431 hatte ein enorm großes 55 Millimeter Gehäuse und war mit dem präzisen Taschenuhrenkaliber 52T.S.C ausgestattet.
Das funktionale Design entsprach dem, das wir bis heute kennen. Ein mattschwarzes Zifferblatt mit hellen arabischen Zahlen, rautenförmige Zeiger und eine große Kegelkrone, die auch mit Handschuhen bedient werden konnte, prägten die Uhr. Die Ziffern und Zeiger waren schon damals mit Leuchtmasse ausgestattet und das Edelstahlgehäuse war perlgestrahlt, damit es zu keinen überflüssigen Reflexionen kommen konnte.
IWC veränderte zudem das Werk und stellte es auf eine Zentralsekunde um, sodass sich die Ablesbarkeit deutlich verbesserte. Die “B-Uhr” besaß darüber hinaus das militärische Dreieck mit zwei Punkten auf der 12 Uhr Position und bediente sich einer serifenlosen Schrift. Soweit zum Urmodell. Bis IWC jedoch eine moderne Neuauflage dieses Zeitmessers präsentierte, sollte es viele Jahrzehnte dauern. Erst im Jahr 2002 kam mit der Referenz 5002 die nächste Generation auf den Markt. Diese Uhr hatte ein deutlich kleineres, aber immer noch üppiges 46 Millimeter Gehäuse aus Edelstahl und bot dank des Automatik-Manufakturkalibers 5011 ganze acht Tage Gangreserve.
Während die markante Kegelkrone erhalten blieb, veränderte sich das Design des Zifferblattes doch entscheidend. Zu den bisherigen Merkmalen gesellte sich nun nämlich auch eine Gangreserveanzeige auf 3 Uhr und ein Datumsfenster auf 6 Uhr. Die Nähe zum Urmodell und die Verbindung zu den historischen Anfängen der “B-Uhr” war dennoch unverkennbar.
Geändert hatte sich nach all den Jahren auch der Name. IWC sprach jetzt von der “Großen Fliegeruhr” bzw. der “Big Pilot´s Watch”, die bis in das Jahr 2006 auch in zwei limitierten Auflagen aus Platin hergestellt wurde. Dann folgte, nach der kurzen Bauzeit eines Übergangsmodelles mit aktualisiertem Werk und höherer Frequenz, auch schon die dritte Generation der Big Pilot. Die Referenz IW500401 erfuhr auf den ersten Blick lediglich eine minimale Überarbeitung und präsentierte sich etwas eleganter.
So verschwand die 9 vom Zifferblatt, dafür waren die Ziffern 2 und 4 teilweise zu sehen. Auch ein roter Akzent innerhalb der Gangreserveanzeige kam hinzu. Unter dem Gehäuseboden arbeitete im Jahr 2006 zunächst das Kaliber 51110, das ein Jahr später vom Kaliber 51111 abgelöst wurde. Beide Werke zeichneten sich durch eine erhöhte Frequenz aus.
Ebenfalls in 2006 erschien erstmals eine zunächst streng limitierte IWC Big Pilot mit ewigem Kalender (Referenz: IW502605). Da auch dieses Modell zu einem Erfolg wurde, folgten zahlreiche Special Editions der ikonischen Fliegeruhr mit eben jener Komplikation. Die klassische Big Pilot erhielt in 2012 eine weitere Überarbeitung und bekam eine neue Krone, sowie ein Wellendichtungssystem. Auf ein neues Werk musste sie allerdings noch bis 2016 warten. In diesem Jahr erschien die Referenz IW501001 mit dem Kaliber 52110, sowie ein limitiertes Heritage-Modell mit der Referenz IW510301, das der einstigen “B-Uhr” aus 1940 sehr ähnlich sah.
In den darauffolgenden Jahren stellte IWC dann ganz unterschiedliche Varianten der Big Pilot vor. Darunter ein Modell mit Jahreskalender (Referenz: IW502708), eine “Big Date” Variante (Referenz: IW510503) zum 150. Jubiläum des Herstellers 2018 und eine streng limitierte Special Edition, die als eine Hommage an die erste Referenz 5002 gilt. Es folgten elegantere Spitfire-Modelle, moderne Top-Gun-Varianten und eine “Le Petit Prince”-Edition. Laut eines Beitrags auf der Website von IWC sind allein zwischen 2002 und 2018 sagenhafte 97 verschiedene Modelle der Big Pilot auf den Markt gekommen. Die 43 Millimeter Variante, die wir uns heute anschauen, gehört nicht dazu, denn diese wurde erst im Jahr 2021 vorgestellt.
Augenblick: Design und Verarbeitung
Das Design der IWC Big Pilot 43 entspricht dem Idealbild einer Fliegeruhr so sehr es nur geht. Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass es bei dieser Uhr keinen Schnickschnack gibt. Der Fokus liegt einzig und alleine auf der einfachen Ablesbarkeit der Zeit – und das in jeder nur erdenklichen Extremsituation, der sich ein Militärpilot einst aussetzen konnte. IWC nutzt deshalb ein mattschwarzes Zifferblatt und schneeweiße arabische Ziffern und Zeiger, die selbstverständlich mit Super-LumiNova ausgestattet sind. Das Ziel hier war augenscheinlich, den größtmöglichen Kontrast herzustellen und so den Toolwatch-Charakter der Uhr aufleben zu lassen. Diese Marschrute setzt der Hersteller auch bei der Finissage des Gehäuses fort. Einmal abgesehen von den polierten Kanten und der ebenfalls polierten Oberseite der Lünette ist es komplett satiniert. Die Bürstung ist zudem bewusst grob gehalten und erinnert an das funktionale Erscheinungsbild eines Werkzeugs.
Die gigantische Kegelkrone auf 3 Uhr ist das Alleinstellungsmerkmal einer jeden IWC Big Pilot und zieht auch beim 43 Millimeter Modell sofort alle Blicke auf sich. Sie ist das einzige Designelement, das bei entsprechendem Licht blitzt und funkelt und für einen kurzen Moment doch ein Gefühl von reiner Schönheit aufkommen lässt. Gewollt ist das natürlich nicht, schließlich ist die Krone nur deshalb so groß und griffig, damit sie ein Pilot auch mit Handschuhen bedienen kann. Das obligatorische braune Kalbslederarmband, das sich verjüngt und Nieten, sowie Ziernähte aufweist, wird mit einer Faltschließe samt Dorn am Handgelenk befestigt. Eine Besonderheit hierbei ist, dass es nicht an der Oberseite des Armes endet, sondern an der Unterseite. So entsteht ein hemdsärmliger Look, der perfekt zum Gesamtdesign passt.
An der Verarbeitungsqualität der IWC Big Pilot 43 gibt es fast nichts zu beanstanden. Lediglich das beidseitig entspiegelte und leicht gewölbte Saphirglas, für die Ablesbarkeit einer Pilotenuhr schließlich nicht irrelevant, reflektiert das Licht noch immer recht stark und ist vom Niveau des Kristalles einer Breitling Navitimer ein gutes Stück entfernt. Ansonsten ist jedes Detail in seiner bewusst simplen Ausführung makellos gefertigt und erfüllt seinen Zweck. Genau so soll es sein, bei einer Toolwatch wie der IWC Big Pilot 43.
Unruhstiftung: Das Werk der IWC Big Pilot 43
Mit dem Kaliber 82100 arbeitet ein Manufakturwerk von IWC in der Big Pilot 43. Es ist durch den Saphirglasboden sichtbar und kann dank eines skelettierten Rotors sehr gut betrachtet werden. Das Kaliber 82100 besteht aus 162 Komponenten und 22 Steinen. Mit 60 Stunden Gangreserve und 28.800 Halbschwingungen pro Stunde bietet es solide, wenn auch nicht überragende Werte. Dass IWC hier mehr kann, zeigt sich bei der Mark XX, dessen Manufakturkaliber 32111 ganze 120 Stunden Gangreserve liefert. Schön ist dagegen, dass auch das Werk in der Big Pilot 43 mit dem legendären Pellaton-Aufzug samt Keramikkomponenten ausgestattet ist. Mitte der 1950er-Jahre von IWCs damaligem Technischem Direktor Albert Pellaton entwickelt und patentiert, schützt es die feine Mechanik des Herstellers bis heute vor Magnetfeldern. Dies gelingt durch einen Weicheisenmantel, unter dem sich das Werk befindet.
U(h)rgefühl: So trägt sich die IWC Big Pilot 43
Am Handgelenk wird die IWC Big Pilot ihrem Namen weiterhin gerecht und trägt sich auch mit dem neueren 43 Millimeter Gehäuse keinesfalls klein. Die stattliche Bauhöhe von 13,9 Millimetern tut ihr Übriges. Dank der nicht allzu langen Hörner ist sie in dieser Variante aber dennoch auch für kleinere und mittlere Handgelenke geeignet. Je nach dem wie groß die Auflagefläche deines Armes ist, kann ich die Uhr ab einem Umfang von ungefähr 17 Zentimetern empfehlen. Anprobieren ist aber auch bei der IWC Big Pilot 43 wie immer Pflicht! Dann kannst du dich auch gleich mit dem generellen Tragegefühl vertraut machen, das ich als sehr angenehm empfunden habe. Das Lederarmband ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Komponente, lässt es sich durch den Dorn doch sehr präzise an dein individuelle Handgelenk anpassen, ohne das du auf die Sicherheit einer Faltschließe verzichten musst. Zudem ist es weder zu hart, noch zu weich und fühlt sich auf der Haut sehr bequem an.
Solltest du das Armband dennoch wechseln wollen, so bietet IWC mit dem EasX-Change-System eine ganz einfache Möglichkeit dazu. Du musst mit dem Daumen lediglich auf das Firmenlogo auf der Unterseite des Bandes drücken und schon lässt es sich problemlos entfernen. Der Federsteg verbleibt bei diesem Mechanismus am Gehäuse und gibt dir die Möglichkeit, die IWC Big Pilot 43 beispielsweise am Nato-Band zu tragen. Mehr Komfort geht wirklich nicht.
Ein Highlight dürfte nicht zuletzt die Bedienung der Uhr über die verschraubte Krone sein. Sie ist dank ihrer Größe sehr gut zu greifen und fühlt sich extrem hochwertig an. So wird es zur reinsten Freude, die Uhrzeit einzustellen. Ihre 100 Meter Wasserdichtigkeit tragen außerdem dazu bei, dass du die IWC Big Pilot 43 ganz entspannt im Alltag tragen kannst, ohne dir allzu viele Sorgen machen zu müssen. Selbst Schwimmen ist möglich, was ich bei einer Fliegeruhr noch immer nicht für selbstverständlich halte.
-4/+6 Sekunden: Meine Meinung zur IWC Big Pilot 43
Für mich ist die IWC Big Pilot 43 eine der authentischsten Toolwatches, die du am Handgelenk tragen kannst. Während manch andere Ikone der Uhrenindustrie dem Zeitgeist gefolgt und zum schicken Statussymbol aufgestiegen ist, bleibt die Big Pilot auch mit dem 43 Millimeter Gehäuse das, was sie immer schon war: ein großes, übersichtliches und grob verarbeitetes Werkzeug, das ausschließlich dem Ablesen der Uhrzeit dienen möchte. Nicht mehr, und nicht weniger. Warum aber solltest du dafür ganze 9.600.00 Euro zahlen? Schließlich ist das Werk im Vergleich zu anderen IWC Manufakturkalibern nicht herausragend und auch die Gehäusepolitur ist alles andere als aufwendig. Die Antwort auf diese Frage ist vielleicht etwas kurios und dennoch simpel: Weil du bei der IWC Big Pilot 43 für all das bezahlst, was du NICHT bekommst.
Kein Datum. Keine Gangreserveanzeige. Kein Sonnenschliff-Zifferblatt. Kein filigran verarbeitetes Gehäuse. Nichts, was in irgendeiner Weise für eine Luxusuhr stehen könnte. Natürlich gibt es auch Varianten mit Gangreserveanzeige, Datum und trendigen Zifferblättern, doch für mich macht genau dieser Verzicht das einzigartige Tragegefühl einer IWC Big Pilot aus. Ihre Botschaft ist nicht: Seht her, wie schön und teuer ich bin! Vielmehr möchte diese Uhr den Eindruck vermitteln, für das gebraucht zu werden, was sie wirklich kann. Und selbst wenn die wenigsten von uns als Piloten bei der Luftwaffe arbeiten und wir die Uhrzeit auch nicht mehr unter extremen Bedingungen schnell und einfach ablesen können müssen, war das einst ihre Aufgabe. Von dieser hat sie sich niemals abgewandt – auch nicht, weil du und ich heute vielleicht in einem schicken Café in der Stadt sitzen, und nicht mehr im Cockpit. Es ist der Zauber einer IWC Big Pilot, dem Dinosaurier unter den Fliegeruhren, der eigentlich längst ausgestorben sein sollte. Gut, dass es nicht so ist! Oder?
Wie gefällt dir die IWC Big Pilot 43? Schreib mir eine Meinung unter diesen Beitrag in die Kommentare. Solltest du die Uhr selbst einmal anlegen wollen, dann schicke uns eine Email an [email protected]. Die Kolleginnen und Kollegen in Berlin und Köln beraten dich gerne persönlich bei deinem Uhrenkauf.
Luca Cordes
Kannst du dich noch an deine allererste Armbanduhr erinnern? Bei mir war es eine Scout mit einem wunderschönen blauen Zifferblatt. Ich war vielleicht zwölf oder 13 Jahre alt und liebte diese Uhr. Ich trug sie immer und zu jedem Anlass – bis sie mir während des Sportunterrichts gestohlen wurde. Vielleicht ist in genau diesem Verlust meine spätere Leidenschaft für das Sammeln von mechanischen Uhren begründet. Doch genug mit den Geschichten aus meiner traurigen Kindheit ;-)
Mein Name ist Luca Cordes, ich bin 31 Jahre alt, komme ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und lebe seit mittlerweile mehr als sieben Jahren in Berlin. Hier arbeite ich als Business Ghostwriter, Medientrainer, Autor und Berater. Bei ALTHERR bin ich für den Bereich „Text“ verantwortlich und werde dich ab sofort mit erstklassigen Inhalten rund um die Welt der Uhren versorgen. Jede Woche kannst du dich auf Neuvorstellungen, Reviews und viele weitere spannende Themen im ALTHERR Magazin freuen.
Weißt du, worüber ich mich freuen würde? Wenn du einen Kommentar unter meinen Beiträgen hinterlässt, wir in den Austausch treten und auch hier den sowieso schon starken Community-Gedanken von ALTHERR fortführen! Ich empfinde es als großes Glück, unsere Begeisterung für Luxusuhren gemeinsam ausleben zu können. Und wie sagte einst schon der Philosoph Albert Schweitzer: „Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“
In diesem Sinne freue ich mich von dir zu lesen!
Wenn du mehr über meine Arbeit bei ALTHERR erfahren und wissen möchtest, mit welchen spannenden Uhren ich mich gerade beschäftige, dann folge mir auf Instagram @hestyleswatches.
Dein Luca
43 mm ist genau die richtige Größe bei dieser Uhr. Die MarkXX-Modelle sind mir persönlich zu klein. Preislich würde ich das ganze nochmals toppen, denn meine Variante wäre die Top Gun mit Keramik-Gehäuse.
Wow, das ist mal ne Ansage! Die Top Gun Variante gefällt mir auch richtig gut, ich finde Keramik steht dieser Uhr einfach hervorragend. 👍🏻