
Unverhofft kommt oft. Oder in meinem Fall ist das ein weiteres Review einer wunderschönen Grand Seiko. Nach meinem Review zur SBGK004 handelt es sich dieses Mal um die SBGY035, die ebenfalls in der Elegance-Linie zu finden ist. Dieses Modell kam Ende 2024 in einer limitierten Ausgabe von 700 Stück und einem Preis von 9200 Euro auf den Markt. Mein getestetes Modell trägt die Nummer 391.
Grand Seiko wählte auch hier eine blumige Beschreibung für das Zifferblatt. Dieses Modell ist von den herbstlichen Sonnenaufgängen über der Hotaka-Gebirgskette inspiriert. Zudem feiert Grand Seiko das 20-Jahre-Jubiläum des Spring Drive Kalibers 9R. Hier liefert das Handaufzugswerk 9R31 den Antrieb. Es brilliert nicht nur durch 72 Stunden Gangreserve, sondern auch durch eine unglaubliche Ganggenauigkeit. Mehr dazu im Artikel.


Eine wunderbare Entschleunigung
Passt eine Uhr mit einem herbstlich anmutenden Zifferblatt in den nun beginnenden Frühling? Auf jeden Fall, denn das Zifferblatt der SBGY035 entfaltet seinen ganz besonderen Glanz vor allem bei Sonneneinstrahlung. Das Zifferblatt zieht einen beim Anblick magisch in seinen Bann. Es zeigt den Moment des Sonnenaufgangs über der zerklüfteten Hotaka-Berglandschaft. Dabei verändert sich die Farbintensität. Während sie in der Mitte noch kräftig rot ist, nimmt sie zum Rand hin ab und geht in einen fast schon bräunlichen Ton über. Um das herbstliche Gefühl zu verstärken, sind der Sekundenzeiger und das GS-Logo in Gold gehalten.

Im Gegensatz zu vielen anderen Modellen verzichtete Grand Seiko bei diesem Modell auf eine Anzeige der Gangreserve. Diese befindet sich auf der Rückseite der Uhr. Weniger ist mehr, heißt hier die Devise. Neben dem Schriftzug der Marke ist nur der Vermerk angebracht, dass es sich um ein Spring Drive Werk handelt. Der Sekundenzeiger gleitet sanft, fast schwerelos über das Zifferblatt. Ein ungewohnter Anblick für all jene Uhrenliebhaber, die noch nie in den Genuss gekommen sind, dieses Spektakel live zu erleben. Das Schweben des Zeigers verleiht der Uhr eine gewisse Entschleunigung. Eine Entschleunigung, die in einer hektischen Zeit wie dieser guttut.
Guttun auch die Proportionen. Das Edelstahlgehäuse mit der legendären Zaratsu Politur hat einen Durchmesser von 38,5 Millimeter. Es besitzt eine Bauhöhe von angenehmen 10,2 Millimetern und ein Lug to Lug Maß von lediglich 43,7 Millimetern. Damit ist die SBGY035 nicht nur eine elegante Dresswatch in einem historischen Kontext, sondern schmiegt sich auch perfekt an mein zierlich wirkendes Handgelenk. Ein weiterer Aspekt, der für eine Dresswatch spricht, ist die Wasserdichtigkeit. Diese beträgt hier nur 30 Meter. Allerdings ist die Uhr mit einem angenehmen, dünnen Krokodillederband mit Faltschließe ausgestattet. Dieses Band ist ohnehin nicht für den Spaß im kühlen Nass geeignet. Ein weiterer positiver Aspekt ist das Gewicht. Dieses liegt nämlich bei nur 68 Gramm.

Eine beeindruckende Ganggenauigkeit
Die Grand Seiko SBGY035 ist für mich die erste getestete Uhr mit einem Spring Drive Werk. Ich habe viel darüber gelesen, bin aber noch nicht in den Genuss gekommen, ein solches Modell näher kennenzulernen. Die Energie stammt wie bei einer mechanischen Uhr aus einer aufgezogenen Feder. Doch anstelle einer herkömmlichen Hemmung reguliert ein sogenannter Tri synchro Regulator die Bewegung. Dieser nutzt mechanische, elektrische und elektromagnetische Energie.
Die Gangreserve von 72 Stunden ist ein guter Wert. Doch am beeindruckendsten ist die Ganggenauigkeit. Diese zu messen, ist jedoch keine einfache Aufgabe. Bei einer mechanischen Uhr schlägt die Unruh, zum Beispiel mit 28.800 Halbschwingungen pro Stunde, und jedes Tick und Tack erzeugt ein winziges Geräusch. Diese Impulse kann die Zeitwaage hören und daraus Rückschlüsse auf Ganggenauigkeit und Amplitude ziehen. Ein Spring Drive hingegen läuft völlig geräuschlos. Es gibt also kein periodisches Schlagen einer Unruh, sondern nur eine konstante, elektromagnetisch gebremste Rotation. Deshalb bleibt eine normale Zeitwaage bei einem Spring Drive taub. Selbst wenn man die Uhr direkt ans Ohr hält, sind keine Geräusche zu vernehmen.

Um dennoch ein Ergebnis zu erhalten, habe ich am Montag die Zeit sekundengenau eingestellt und die Uhr während der Woche des Öfteren aufgezogen. Das Ergebnis nach einer Woche war überragend. Die Abweichung lag bei gerade einmal +1 bis +2 Sekunden in sieben Tagen. Das Ergebnis unterbietet die von Grand Seiko angegebene Ganggenauigkeit, die bei +1 Sekunde pro Tag liegt.

Für wen ist die SBGY035 der perfekte Begleiter?
Als Abschluss stellt sich die Frage, für wen die Grand Seiko SBGY035 der perfekte Begleiter ist. Sie ist eine Uhr für echte Liebhaber feinster Handwerkskunst und natürlicher Ästhetik. Ihr einzigartiges, von der japanischen Herbstlandschaft inspiriertes Zifferblatt spricht all jene an, die Lust auf eine spannende Geschichte hinter dem Modell haben. Die herausragende Präzision des Spring Drive Kalibers macht sie ideal für Uhrenfans, die im Alltag höchste Ganggenauigkeit erwarten, aber den Charme traditioneller mechanischer Werke nicht missen möchten.
Darüber hinaus richtet sich die SBGY035 an echte Sammler und Kenner der Uhrenwelt. Mit nur 700 Exemplaren weltweit und ihrer Rolle als Jubiläumsmodell zum 20. Geburtstag des 9R Spring Drive Werks hat sie klaren Sammlerwert. Auch als elegante Dresswatch überzeugt sie. Ihre schlanken Maße, das edle, einfach gehaltene Design, gepaart mit einer wunderbaren Farbgestaltung, passen perfekt zu formellen Anlässen. Es ist eine Uhr für stilvolle Individualisten, nicht für Markenposer.
Schlussendlich ist die SBGY035 auch prädestiniert für jene Uhrenenthusiasten, die vor allem die japanische Handwerkskunst wirklich verstehen und schätzen. Nämlich die Perfektion der Zaratsu-Politur des Gehäuses, die Tiefe der Zifferblattgestaltung und die Philosophie der “Nature of Time”, die Grand Seiko so einzigartig macht.



Genau mein Stil
Und wie finde ich die Grand Seiko SBGY035? Ich finde sie einfach wunderschön. Diese Uhr hat eine ruhige, fast magische Ausstrahlung, die ich nur schwer in Worte fassen kann. Das Zifferblatt erinnert an besondere Momente in der Natur, wenn die Sonne gerade aufgeht und die Farben langsam wärmer werden.
Technisch finde ich die Spring Drive Technologie faszinierend. Dieser schier schwebende Sekundenzeiger hat eine fast schon hypnotische Ausstrahlung auf mich. Und dass eine Uhr dabei noch auf eine oder zwei Sekunden pro Woche genau läuft, ist einfach großartig. Die Größe finde ich ebenfalls perfekt, vor allem wenn man wie ich ein eher schlankes Handgelenk hat. Sie wirkt elegant, aber nie aufgesetzt oder protzig. Genau mein Stil.
Zum Abschluss bleibt nur eines zu sagen: 素晴らしい仕事でした、グランドセイコー! (Hervorragend gemacht, Grand Seiko!)
Deine Meinung ist gefragt!
Wie findest du die Grand Seiko SBGY035? Wäre dieses Modell etwas für dich? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen!

Harald Saller
Mein Einstieg in die Welt der Uhren verdanke ich einem Film. Als Kind war ich fasziniert von dem actionreichen Streifen "Le Mans" mit Steve McQueen. Dank ihm wurde die Heuer Monaco zu einer Ikone in der Uhrenwelt. Dieses Modell markierte 2009 meinen Einstieg in die Welt der Premium- und Luxusuhren.
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich intensiv mit Uhren, ihren Techniken und Geschichten auseinandergesetzt. Ich schaue vor allem gerne hinter die Kulissen.
Aber was ist eigentlich das Faszinierende an Uhren? Ich könnte jetzt eine lange Liste erstellen, um zu erklären, warum Uhren ein tolles Hobby sind. Letztendlich sind es jedoch die positiven Emotionen, die Armbanduhren in mir auslösen. Als Journalist versuche ich, diese Emotionen in meinen Texten unseren Leserinnen und Lesern näherzubringen.
Hi Harald,
ich habe ja jetzt meinen Wunsch nach einer roten Uhr über euch schon realisieren können. Von daher kann ich ganz in Ruhe und bedacht auf weitere Uhren in dieser Farbrichtung schauen.
Die GS hat schon was, nur ist sie mir etwas zu „schlicht“. Und das ist rein aufs optische bezogen.
Auch ist mir dir Uhr mit „nur“ 38,5mm sicher zu klein. Das habe ich an anderer Stelle schon für mich feststellen müssen. Und da GS ja auch andere Modelle mit einem Roten Akzent im Portfolio hat, schiele ich auch eher auf dieses, als auf die hier vorgestellte Dreizeigervariante.
Was ich ganz gut finde, das GS hergeht und die Gangreservenanzeige mittlerweile auf die Rückseite packt. Ich bin schon ein Freund dieser Komplikation, muss sie aber nicht unbedingt auf dem Ziffernblatt haben. Hauptsache sie ist vorhanden.
Auch finde ich, wenn man sich das Werk hinten betrachtet, das es eher was von einer Quarzuhr hat, als von einem mechanischen Werk. Bei den Spring Drive Werken scheiden sie allerdings ohnehin die Geister, ist es noch reine Mechanik oder schon eine Quarzuhr, was ich persönlich aber für übertrieben halte.
Hey Mirko, ja GS hat ja auch noch andere sehr schöne Uhren mit solch ähnlichen Zifferblättern. Die Durchmesser in der Elegance-Reihe sind generell kleiner gehalten, damit will man halt auch ein wenig der Vergangenheit Tribut zollen.
Spring Drive ist die perfekte Hybridlösung, weil du eine extrem genaue Ganggenauigkeit hast, aber keine Batterie benötigt. Das neue UFA-Werk erreicht ja mittlerweile schon Quarz-Ergebnisse. Unglaublich geil.
Ich halte die Diskussionen darüber für Unsinn, man sollte es als das benennen, was es ist: Eine der vielen technischen Meisterleistungen von Grand Seiko.