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Die Holy Trinity der Uhrmacherei – Patek Philippe

March 15, 2022 | Lesedauer: 5 Minuten
Autor: Severin Giesswein | 0 Kommentare | oacsspl

Spricht man über die Heilige Dreifaltigkeit oder auch die Großen Drei, meint man drei Marken, die der Schweizerischen Uhrmacherei allesamt nachhaltig ihren Stempel aufgedrückt haben. Die Hersteller führen Zeit ihres Bestehens das Rudel an, setzen stetig Maßstäbe und glänzen durch die Vereinigung von Traditonsreichtum und zeitgemäßem Fortschritt. Sie sind zum Inbegriff von Luxus und feinem Handwerk geworden.

Patek Philippe

Für viele steht Patek Philippe an der Spitze der Dreieinigkeit und führt das Rudel an. Wollen wir uns also genauer besehen, was die Marke aus Genf so besonders macht. Geboren wird das Unternehmen am 1. Mai 1839. Gründerväter waren der polnische Adlige Antoine Norbert de Patek und François Czapek (Namensgeber der aktuell aufstrebenden Luxusmarke Czapek), welche sich unter dem gemeinschaftlichen Namen Patek, Czapek & Co. zusammenschlossen. Diese Zusammenarbeit war allerdings nicht von sonderlich langer Dauer, denn sie endete bereits im Jahre 1845. In eben diesem Jahr fanden sich mit Antoine de Patek, Adrien Philippe und Vincent Gostkowski zusammen, gründeten Patek & Co., welche sie 1851 in Patek Philippe & Cie. umbenannten. In der Zwischenzeit war ihnen 1844 bereits die Entwicklung des ersten schlüssellosen Aufzugssystems für Taschenuhren gelungen, welche auf der Industriemesse in Paris mit der Bronzemedaille prämiert wurde. Ein Jahr später wurde das entsprechende Patent eingetragen. Somit gilt Patek Philippe als Erfinder der Aufzugskrone. Die Uhrmacherei wurde revolutioniert.

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Einige spannende Entwicklungen Patek Philippes sollten folgen und gipfelten vorerst 1886 in der ersten Schweizer Armbanduhr für Damen – angefertigt für die ungarische Gräfin Koscowicz. Bereits vier Jahre vorher (1881) reichte das Unternehmen ein Patent für eine Präzisions-Reguliervorrichtung ein, 1889 eines für den ersten ewigen Kalender-Mechanismus. In den folgenden Jahren des frühen 20. Jahrhunderts folgten viele Premieren, so zum Beispiel der erste Doppelchronograph oder die erste komplizierte Damen-Armbanduhr mit Minutenrepetition. Im Jahre 1923 und 1925 festigte Patek Philippe seinen Platz an der Spitze der Schweizer Uhrmacherei mit der Vorstellung der ersten Armbanduhr mit Schleppzeiger-Chronograph (Referenz 124 824), sowie der ersten Armbanduhr mit ewigem Kalender (Referenz 97 975).

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Bildquelle: Patek Philippe

Eine Zeit des Umbruchs markiert das Jahr 1932. Die Gebrüder Jean und Charles-Henri Stern investieren in Patek, Philippe & Cie. Im selben Jahr wird die erste Calatrava mit Referenz 96 vorgestellt. Nach wie vor werden vereinzelt hochkomplexe Taschenuhren (sogenannte Supercomplications) für spezielle Kunden gefertigt, bevor 1941 die ersten Armbanduhren mit ewigem Kalender serienmäßig in Produktion gehen. Obwohl die heute für kompromisslose Gangenauigkeit bekannte Gyromax Unruh erst im Jahre 1949 von Patek Philippe entwickelt wurde, konnten beim Präzisionswettbewerb der Genfer Sternwarte im Jahre 1944 bereits eine nie dagewesene Rekordzahl an ersten Preisen für Ganggenauigkeit gewonnen werden.

Als Strom und Elektrizität einen immer größeren Einfluss in allen Teilen des Alltags gewinnen, entwickelt Patek Philippe 1956 die erste vollelektronische Uhr. Eine Tatsache, die viele Menschen vielleicht nicht direkt mit der Marke in Verbindung bringen. Als Henri Stern 1958 Präsident von Patek Philippe wird tragen sich in den kommenden fünf Jahren gleich zwei relevante Ereignisse zu. Ein Patent für Weltzeituhren wird 1959 eingereicht. Dabei handelt es sich um eine Komplikation, die auch heute noch zu den begehrtesten der Firma zählt und sich beispielsweise in der Referenz 5231J-001 eindrucksvoll verarbeitet findet. 1962 gewann ein Tourbillon-Uhrwerk von Patek Philippe den ersten Preis für Präzision und stellte einen Weltrekord auf, der bis heute nicht von einer mechanischen Uhr gebrochen werden konnte.

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In Zusammenarbeit mit dem Schmuckdesigner Gerald Genta erschien 1976 die Nautilus Referenz 3700/1 als erste Sportuhr des Hauses in Edelstahl. Sie war ein Befreiungsschlag für die Marke, welche sich – wie viele ihrer Mitstreiter – akut von der Quarzkrise bedroht sah. Obwohl die Nautilus eigentlich eine fast schon „normale“ Uhr gemessen an den Standards des Hauses darstellt, ist der Bann dieses Zeitmessers bis heute ungebrochen. So trug er maßgeblich zum Bekanntwerden der Marke bei und das weit über die Grenzen des Enthusiast:innen-Kosmos hinaus. In den kommenden Jahren folgten einige Entwicklungen was Flachbauweisen von Uhrwerken anbelangte, bevor mit der Calibre 89 im Jahre 1989 der zu diesem Zeitpunkt komplizierteste tragbare Zeitmesser vorgestellt wurde, welcher jemals produziert worden war. Sage und schreibe 33 Komplikationen waren in der Taschenuhr zu finden. Anlass war das 150-jährige Jubiläum der Marke.

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Bildquelle: Patek Philippe

1993 übernahm Philippe Stern als Präsident die Leitung von Patek Philippe. Im selben Jahr wird die Gondolo Kollektion vorgestellt, welche neben der Ellipse d’Or von 1968 die zweite nicht-runde Patek Philippe Armbanduhr mit historischer Relevanz darstellt. Obwohl ewige Kalender schon seit vielen Jahren zum Standardrepertoire des Hauses gehören, wird erst im Jahre 1996 ein Patent für einen Jahreskalender-Mechanismus angemeldet. Im selben Jahr werden neue Produktionsstätten in Plan-les-Ouates, Genf bezogen. An den Erfolg der Nautilus von 1976 anknüpfend wird 1997 die Aquanaut-Kollektion eingeführt. Sie ist bis heute der einzige Zeitmesser von Patek Philippe, welcher serienmäßig an einem Kautschukband erhältlich ist. Zur Eröffnung des Patek Philippe Museums wird im Jahre 2001 mit der Double-Face Sky Moon Tourbillon Ref. 5002 die komplizierteste Armbanduhr vorgestellt, die es zu jenem Zeitpunkt gab.

Dass auch ein Traditionshaus wie Patek Philippe mit der Zeit geht, stellt sich in den Jahren 2006 und 2008 unter Beweis. Das Patek Philippe Advanced Research Department präsentiert eine Spiromax-Unruhspirale und eine Pulsomax-Hemmung, beide jeweils auf Siliziumbasis. 2011 wird dieses Duo durch die ebenfalls auf Siliziumbasis entwickelte GyromaxSi-Unruh ergänzt und zum Oscillomax-Assortiment zusammengefügt. In dieser Kombination haben Magnetfelder, Temperatur und Stöße deutlich weniger Einfluss auf die Genauigkeit der Uhrwerke.

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beworbener Magazin-Beitrag

Im folgenden Jahr 2009 wird Thierry Stern Präsident von Patek Philippe – eine Position, welche er auch heute noch inne hat. Seit 2012 werden in unregelmäßigen Abständen Watch Art Grand Exhibitons von Patek Philippe veranstaltet, auf welchen historische und moderne Zeitmesser, sowie Neuheiten bewundert werden können. Austragungsorte waren neben Dubai unter anderem München, London, New York oder zuletzt 2019: Singapur. In der Zwischenzeit werden die Kollektionen der Marke stetig erweitert, ergänzt und überarbeitet. Die Einstellung der Nautilus 5711, der direkten Nachfolgerin der originalen Schöpfung von Gerald Genta aus dem Jahre 1976, im Jahre 2021 markiert einen Einschnitt in die Historie der Marke. Ein wichtiger Schritt, welcher zeigt, dass man sich nicht mit einer unkomplizierten Uhr aus Edelstahl als Aushängeschild und nachgefragtestem Modell der Firma zufrieden geben möchte. Man darf also gespannt sein, in welche Richtung die Marke sich künftig entwickeln wird und eines ist dabei garantiert: der Weg wird nur nach oben gehen.

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Bildquelle: Patek Philippe
Die Bildrechte liegen beim Urheber und sind unter den Bildern entsprechend verlinkt.
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Severin Giesswein

Severin Giesswein ist seit Frühjahr 2020 als freier Mitarbeiter für ALTHERR tätig. Hauptberuflich in der Medizin beschäftigt, verfasst er in regelmäßigen Intervallen den ALTHERR Sekundenstopp – eine Übersicht über alle Neuigkeiten der Uhrenindustrie und moderiert als Host die zugehörige ALTHERR Sprechstunde live auf YouTube. Seine Begeisterung für Armbanduhren teilt er zudem auf Instagram unter @derwerkstudent.

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