Viele von euch werden sich bereits gedacht haben, dass die Wurzeln des deutschen Traditionsunternehmens Union Glashütte weit zurückreichen. Aber mal ehrlich: Hättet ihr gewusst, dass das Unternehmen sogar bereits im Jahre 1874 seine Gründung datiert? Damit ist Union Glashütte bedeutend älter, als viele Mitbewerber und kann auf eine reichhaltige Geschichte voller Höhen, Tiefen und einer eindrucksvollen Entwicklung zurückblicken.
Schlüsselfigur in den frühen Jahren von Union Glashütte ist Johannes Dürrstein. Ja – genau der Johannes Dürrstein, nachdem Union Glasshüttes beeindruckender Chronograph benannt ist. Aber dazu später mehr. Ebenfalls von Bedeutung ist Ferdinand Adolph Lange, heute bekannt als der Urvater des ebenfalls in Glashütte ansässigen Traditionsbetriebs A. Lange & Söhne.
Ferdinand Adolph Lange war es, der – bezuschusst vom sächsischen Hof – die erste Uhrenmanufaktur in Glashütte gründete und somit unwissentlich den Grundstein für etwas Bedeutendes legte. Denn Glashütte sollte sich bald weltweit für seine Zeitmesser einen Namen machen. Der 1845 geborene Johannes Dürrstein wächst derweil in der Nähe von Frankfurt am Main auf und schult im jungen Erwachsenenalter seine kaufmännische Expertise. Auf Wanderschaft während seiner Tätigkeit als Vertreter gelingt es ihm enge Kontakte sowohl zu Uhrenbetrieben, als auch Abnehmern in Deutschland, aber auch in der Schweiz zu knüpfen.
In Dresden lernte Johannes Dürrstein Carl Felsing kennen. Der Kaufmann, der von Dürrsteins Visionen und Vorhaben überzeugt war, war ein wichtiger Rat– aber auch Kapitalgeber für dessen Selbstverwirklichung. Am 19. Januar 1874 gründet Dürrstein – inspiriert von seinen Begegnungen – eine eigene Uhrengroßhandlung in Dresden. Er tauft sie „Dürrstein & Compagnie“. Gemeinsam mit seinem Bruder Friedrich sichert sich Johannes Dürrstein exklusive Vertriebsrechte an den Zeitmessern von Lange & Söhne. Bereits zu dieser Zeit hegt Dürrstein jedoch größere Visionen und baut eine eigene Uhrenfabrikation in der Schweiz auf, deren Produkte in Glashütte veredelt und fertiggestellt werden. Der Vertrieb erfolgt über die Dürrstein & Compagnie.
Von Beginn an war Dürrstein daran gelegen, Uhren von deutscher Machart und Qualität einer breiteren Kundschaft zugänglich zu machen. So Entwickelte er das Konzept der preisgünstigen Marke „Deutsche Uhrenfabrikation“ (DUF), welche auf seine Anregung hin von Lange & Söhne im Jahre 1878 etabliert wurde.
Im Jahre 1882 erhält die Dürrstein & Compagnie prominenten Zuwachs. Julius Bergter, welcher vormals als Uhrmacher in der Glashütter Uhrenmanufaktur „Moritz Großmann“ tätig war und außerdem als Lehrer an der deutschen Uhrmacherschule in Glashütte arbeitet, wir technischer Berater von Johannes Dürrstein innerhalb seiner Dürrstein & Compagnie in Dresden. Er wird später für einige der einschneidendsten und wegweisendsten Entwicklungen zuständig sein.
Durch den Zuwachs gestärkt meldet Johannes Dürrstein 1886 die ersten eigenen Uhrenmarken an. Darunter auch „Stern mit einem D“ und „Union Glocke“ mit Fabrikationssitz in der Schweiz.
Daraufhin – im Jahr 1893 – wird der exklusive Vertriebsvertrag mit Lange & Söhne aufgelöst. Im Zuge dessen gründet Dürrstein seine eigene Uhrenmanufaktur in Glashütte am 1. Januar dieses Jahres. Julius Bergter wir der Direktor dieses noch kleinen Unternehmens, welches zunächst aus den Räumlichkeiten einer angemieteten Wohnung heraus arbeitet. Mitarbeiter und Feinmechaniker Carl Jentzsch stellt wenig später jedoch seine eigene Werkstatt zur Verfügung.
Aufgrund ihrer Qualität und Verarbeitung stoßen Dürrsteins Uhren aus Glashütte rasch auf großen Anklang und genießen bald eine weltweite Reputation. Noch in selben Jahr 1893 präsentiert und verkauft Dürrstein auf der Weltausstellung in Chicago die erste Grande Complication, die in Glashütte gebaut wird. Zeitgleich erarbeitet sich die Firma einen exzellenten Ruf mit der Fertigung von robusten und doch günstigen Kleinst– und Taschenuhren.
Im darauffolgenden Jahr 1894 wird der Name „Union Glashütte“ als Schutzmarke eingetragen. Der stilisierte Tempel wird das Markenzeichen der Firma. Das Symbol bescheinigt die Echtheit und die Herkunft der Glashütter Uhren.
Anlässlich des 50. Jubiläums der Uhrenfertigung in Glashütte wird 1895 eine modifizierte Version der in Chicago vorgestellten Grande Complication präsentiert. Aufgrund ihrer Komplexität ist die Produktion auf sechs Stück limitiert.
1899 zieht Union in ein neues, modernes Produktionsgebäude um.
Zum Jahrhundertwechsel in 1900 kreiert Julius Bergter drei hochkomplexe Uhrwerke, von denen lediglich eines die Gestalt einer fertigen Uhr mit dem Namen „Universaluhr“ annimmt und für 12.000 Mark in den Verkauf geht. Die beiden übrigen Werke bleiben lange unvollendet, finden jedoch in Martin Seidel aus Rudolstadt und Richard Danners aus Gübelin (Schweiz) jeweils einen talentierten Uhrmacher, der zu ihrer Vollendung beiträgt. Das von Seidel geschaffene Werk trägt den Namen „La Grandiose“ und wird erst im Jahre 1950 fertiggestellt. Danners Arbeit mündet sogar erst 1985. Er tauft das Werk „La Fabuleuse“. Es wird für 750.000 CHF verkauft.
Die kommenden Jahre 1901 und 1903 sind für Union Glashütte von Schicksalsschlägen geprägt.
Johannes Dürrstein stirbt im Alter von 56 Jahren. Kinder hinterlässt er keine. Sein Bruder Friedrich verscheidet zwei Jahre darauf. Friedrichs Frau Lina entschließt sich mit den gemeinsamen Söhnen die Dürrstein & Compagnie in Dresden weiterzuführen. Noch im selbe Jahr wird Emil Leutert als Regleur angestellt. Bis zur Firmenschließung im Jahre 1925 arbeitet Leutert als Betriebsleiter und repariert auch danach auf selbständiger Basis Uhren von Union.
Die Jahre 1918 und 1919 sind wegweisend für Union. Von nun an erfolgt die Fertigung der Uhrengehäuse im eigenen Hause. Auch tritt Hugo Bogusch die Nachfolge von Julius Bergert als Direktor an und lenkt den Betrieb in Richtung einer rationaleren Produktion. Zu diesem Zeitpunkt wurden noch vorrangig Taschenuhren gefertigt. Erste Armbanduhren, ausgestattet mit Damen-Taschenuhrkalibern, waren jedoch trozdessen bereits zu finden.
Mit dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise als Folge des Ersten Weltkrieges muss Union Glashütte im Jahre 1926 die Produktion einstellen. 1936 erfolgt die Löschung aus dem Handelsregister.
Neben Union erfuhren viele weitere Betriebe aus Glashütte ein vergleichbares Schicksal. So wurden die noch übrig gebliebenen im Jahre 1951 im “VEB Glashütter Uhrenbetriebe” zusammengefasst.
Nach der Wende im Jahre 1990 wird die VEB Glashütter Uhrenbetriebe in „Glashütter Uhrenbetrieb GmbH“ umfirmiert und im Zuge dessen 1994 privatisiert.
Als Tochter der Glashütter Uhrenbetrieb GmbH entsteht 1996 die „Union Uhrenfabrik GmbH Glashütte/SA.“, welche schon 1997 ihre erste Kollektion vorstellt. Gefertigt werden alle Uhren in voller Fertigungstiefe beim Schwesterbetrieb „Glashütte Original“, bevor beide Konzerne im Jahr 2000 von der Swatch Group aufgekauft werden.
Die Übernahme durch die Swatch Group geht an Union Glashütte nicht spurlos vorbei. Die Priorisierung des Wachstums vom Glashütte Original verschlingt nahezu alle Ressourcen und dämpft die Entfaltung von Union Glashütte erheblich. Dies erkennt auch die Swatch Group und entscheidet sich, beide Schwesterfirmen ab 2008 getrennt und eigenständig zu führen.
Die Firma Union Glashütte und ihre Produktion werden neu ausgerichtet. Fortan werden exklusiv mechanische Zeitmesser mit dem Gütesiegel „Made In Glashütte“ in eigenen Ateliers in Sachsen gefertigt. Das Credo der Firma bleibt nach wie vor jenes, welches Johannes Dürrstein einst für Union Glashütte vorgesehen hatte: Erschwinglicher Luxus made in Glashütte.
Durchschnittlich kosten die Uhren zwischen 1000 und 3000 €. Exklusive Edelmetallmodelle oder limitierte Editionen im Sonderfall an die 8000 €. Jedoch ist man stets darauf bedacht, den überwiegenden Anteil der Zeitmesser preislich attraktiv zu halten.
Im Jahre 2010 manifestiert sich Unions Liebe zur Tradition, als sie offizieller Partner und Zeitmesser beim „Sachsen Klassik“ werden, einer historischen Oldtimer-Rallye. Weitere Oldtimer-Events folgen.
Der Zunehmende Erfolg gibt der Philosophie von Union Recht. So kann 2012 ein neues, erweitertes Produktionsgebäude im Glashütter Frühlingsweg bezogen werden. Die Produktion umfasst die Teilefertigung, in welcher einzelne Komponenten und Dekorationen entstehen, Werk- und Uhrenkopfmontage sowie Qualitätsmanagement. In ausschließlicher Handarbeit werden die Uhren montiert, reguliert und veredelt. Als Besonderheit kann jedes Werk, ob Automatik oder Handaufzug, durch deinen Saphirglasboden bewundert werden.
2018 feiert die Firma 125 jähriges Firmenjubiläum. Das deutsche Uhrenmuseum würdigt dieses Ereignis mit einer eigenen Ausstellung rund um die Geschichte von Union. Mit der limitierten Jubiläumsedition 1893 Johannes Dürrstein zollt Union Glashütte der eigenen Geschichte Tribut. Die Uhr mit Handaufzugskaliber vereint Glashütter Tradition mit modernem Uhrmacherhandwerk.
Severin Giesswein
Severin Giesswein ist seit Frühjahr 2020 als freier Mitarbeiter für ALTHERR tätig. Hauptberuflich in der Medizin beschäftigt, verfasst er in regelmäßigen Intervallen den ALTHERR Sekundenstopp – eine Übersicht über alle Neuigkeiten der Uhrenindustrie und moderiert als Host die zugehörige ALTHERR Sprechstunde live auf YouTube. Seine Begeisterung für Armbanduhren teilt er zudem auf Instagram unter @derwerkstudent.