Die Geschichten hinter Uhrenmarken weisen in vielen Fällen Überschneidungen auf. Seien es Meilensteine, Innovationen oder sogar Kollaborationen temporärer oder langfristiger Natur. Die meisten heute angesehenen Firmen blicken auf zum Teil mehrere hundert Jahre Geschichte zurück. Der sogenannten Heritage wird gerade bei Luxusgütern – wie Armbanduhren – ein besonderer Wert beigemessen. Jüngere Marken sehen sich deswegen häufig vor der kniffeligen Aufgabe, einen Fuß in die sprichwörtliche Tür zu bekommen und einen Platz inmitten der zahlreichen renommierten Konkurrenten zu finden.
Umso spannender ist es, eben jene Erfolgsgeschichten zu verfolgen und die Entwicklung junger ambitionierter Marken zu beobachten. Genau eine solche Marke ist Frederique Constant, welche ich euch hier in diesem Beitrag gerne näher vorstellen möchte.
In ihrer aktuellen Form wurde Frederique Constant im Jahre 1988 ins Leben gerufen. Die Eheleute Aletta Bax und Peter Stas verwirklichten ihre Version eines eigenständigen Luxusuhrenproduzenten, welcher Design, Qualität und Innovation in seinem Produktkatalog vereint. Namensgeber des Unternehmens waren Frederique Schreiner, sowie Constant Stas, welche als direkte Vorfahren der beiden Firmengründer ebenfalls über Generationen tief mit der Uhrmacherei verbunden waren.
Unter dem Motto „Accessible Luxury“ sollte die facettenreiche Welt der Schweizer Uhrmacherei einer Vielzahl von Menschen zugänglich gemacht werden. Im Jahre 1992 wurde die erste Kollektion vorgestellt, welche sechs Modelle beinhaltete, die allesamt von Schweizer Automatikkalibern angetrieben wurden. Ein besonderes Augenmerk liegt seit jeher auf einer strengen Überwachung des gesamten Fertigungsprozesses.
Im Jahre 2002 kaufte man den Schweizer Traditionshersteller Alpina auf. Ein wahrer Wachstumsschub und beeindruckende Erweiterungen in puncto Entwicklung und Vertrieb waren die Folgen.
Anfänglich noch gänzlich auf die Zulieferung externer Uhrwerke angewiesen, stellten Frederique Constant 2004 ihr erstes Manufakturkaliber vor, welches seit 2001 in der Entwicklung war. Das Kaliber FC-910 wurde in der Heart Beat Manufacture verbaut. Auch heute sind die Heart Beat Modelle mit ihrer freiliegenden Unruh ein essenzieller Bestandteil der Katalogs. Dabei ist Heart Beat nicht lediglich ein hübsch klingender Name. Frederique Constant unterstützt seit jeher zahlreiche Wohltätigkeitsorganisationen mit Förderungen zur Forschung und Behandlung im Bereich kindlicher Herzerkrankungen.
Der Zusatz Manufacture bezeugt zudem die Verwendung jener Kaliber innerhalb ausgewählter Modelle des Portfolios. Inzwischen fertigt die Firma seit 2006 ihre Zeitmesser auf 3200 m² und verteilt deren Fertigung, sowie die Entwicklung verschiedenster Manufakturkaliber auf vier Stockwerke hochmoderner Bauweise und Ausstattung. Sukzessive erhalten diese besonderen Uhrwerke Einzug in eine Vielzahl an Modellen des Katalogs. Ab 2008 wurde ein weiteres hauseigenes Basiskaliber entwickelt, welches die Raffinessen der ersten Generation aufgriff und weiter verfeinerte. Inzwischen sind die Uhrmachermeister:innen unter dem Dach von Frederique Constant in der Lage auch komplexeste Komplikationen wie ewige Kalender oder Tourbillons selbständig zu fertigen.
Aktuell besteht die Produktpalette aus acht Uhrenlinien – namentlich Manufacture, High Life, Classics, Slim Line, Ladies, Runabout, Vintage Rally Healey, sowie Smartwatch.
Im Jahre 2014 wurde das beeindruckende Calibre FC 945 vorgestellt, welches das zehnjährige Jubiläum der Manufakturtechnologie markierte. Sage und schreibe 15 hauseigene Kaliber brachte diese Zeitspanne hervor.
Auch 2016 konnte Frederique Constant Aufsehen generieren. Auf der Baselworld – der ehemals prestigeträchtigsten Uhrenmesse der Welt – präsentierte man mit dem Modell Slimline Manufacture Perpetual Calendar den preiswertesten ewigen Kalender der Welt. Ausgestattet mit einem Manufakturwerk und zu einem Kostenpunkt von ca. 8000 € war dieser Zeitmesser konkurrenzlos. Im selben Jahr wurde die Übernahme der Firma durch den Uhrengiganten Citizen bekanntgegeben, welche die Strukturen und Möglichkeiten abermals auf ein neues Level zu heben vermochte.
Bekannt ist Frederique Constant ebenfalls für Innovation was die Planung ihrer Kreationen anbelangt. Stolz ist man darauf, mit Hilfe modernster Technologie und Software jeden Schritt der Planung, Fertigung und Produktion unterstützen und optimieren zu können. Dies stellte sich auch im April 2021 unter Beweis.
Oft wird von „Revolution“ gesprochen. Auch in der Uhrenindustrie. Aber nur in den seltensten Fällen hält dieses große Wort wirklich, was es verspricht. Nach dreijähriger Entwicklungsarbeit in Kooperation mit dem niederländischen Uhrwerk-Technologielieferant Flexous, stellte Frederique Constant etwas wirklich revolutionäres vor. Die gewöhnlich aus mehr als 20 miteinander harmonierenden Teilen bestehende Unruh wurde durch ein komplex gearbeitetes einzelnes Stück schwingendes Silizium ersetzt. So reduziert sich das Gewicht, die Reibung, der Verschleiß und die Magnetfeldanfälligkeit erheblich, während die Schwingfrequenz von industrieüblichen 28.800 Vibrationen pro Stunde auf gigantische 288.000 Vibrationen pro Stunde angehoben wird. So gleitet der Sekundenzeiger praktisch ruckelfrei über das Zifferblatt. Diese Technologie wurde Monolithic getauft und ist bisweilen erwählten Modellen vorbehalten. Die Kolleg:innen von Monochrome haben die bahnbrechende Technologie in einem ansehnlichen Video näher beleuchtet. Ihr findet es HIER.
So gelang es Frederique Constant im Laufe der jüngsten Vergangenheit ihren Platz innerhalb der Uhrenindustrie nachhaltig zu zementieren und viele neue Fans hinzuzugewinnen, zu welchen ich mich ebenfalls zähle. An meinem Arm hat seit Frühjahr 2022 nämlich eine High Life ihren Platz gefunden, welche ich nicht mehr missen möchte.
Unter den Leitwerten Design, Innovation, Passion und Qualität entstehen im Herzen von Genf spannende Zeitmesser, welche nur darauf warten, entdeckt zu werden.
Severin Giesswein
Severin Giesswein ist seit Frühjahr 2020 als freier Mitarbeiter für ALTHERR tätig. Hauptberuflich in der Medizin beschäftigt, verfasst er in regelmäßigen Intervallen den ALTHERR Sekundenstopp – eine Übersicht über alle Neuigkeiten der Uhrenindustrie und moderiert als Host die zugehörige ALTHERR Sprechstunde live auf YouTube. Seine Begeisterung für Armbanduhren teilt er zudem auf Instagram unter @derwerkstudent.