Noch vor einigen Jahren hatte Breitling mit sinkenden Verkaufszahlen zu kämpfen. In den vergangenen sechs Jahren hat das Unternehmen seinen Umsatz allerdings verdoppelt und ist weiter vor auf dem Weg nach oben.
Die Uhrenmarke aus der Schweizer Stadt Grenchen kratzt beim Umsatz bereits an der 1-Milliarde-Euro Grenze. Einen großen Anteil an diesen Erfolgen hat Georges Kern. Er ist seit 2017 CEO und hat sich zum Ziel gesetzt, Breitling in den kommenden fünf Jahren unter die Top-5 in der Schweiz zu bringen. Ende 2022 waren laut einer Erhebung der Schweizer Handelszeitung Rolex, Cartier, Omega, Audemars Piguet und Patek Philippe auf den ersten fünf Rängen. Breitling lag mit einem Umsatz von 860 Millionen Euro (2021 waren es 680 Millionen Euro) auf dem neunten Platz und damit wieder in den Top-10.
Das Erreichen der Top-5 ist ein ambitioniertes Ziel, allerdings hat der 58-jährige Kern schon mehrmals bewiesen, dass er seinen Aussagen auch erfolgreiche Taten hat folgen lassen. Zudem erwartet ihn mit der Übernahme von Universal Genève durch Breitling ein weiteres, aufregendes Projekt.
Seit dem Jahr 2000 in der Uhrenbranche
Georges Kern studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität St. Gallen. Seine berufliche Laufbahn startete er in der Luxusgüterindustrie. Er sammelte Erfahrungen bei Unternehmen wie Kraft Foods und McKinsey & Company, das Unternehmens- und Strategieberatung anbietet.
Im Jahr 2000 trat er der Richemont-Gruppe bei, einen weltweit führenden Luxusgüterkonzern, der Marken wie Cartier, Montblanc und IWC Schaffhausen besitzt. Innerhalb der Richemont-Gruppe übernahm Georges Kern verschiedene Führungspositionen, darunter die Rolle des CEO von IWC. Diese Position hatte er 15 Jahre mit Erfolg inne, ehe er 2017 zu Breitling wechselte. Dort ist er auch Mitbesitzer.
Kern bricht mit Klischees und Stereotypen
Bereits nach seinem Amtsantritt machte Kern klare Aussagen bezüglich der Werbung und wie sich Breitling in Zukunft nach außen präsentieren wolle. Das Unternehmen müsse sich seinen Wurzeln besinnen, sich breiter aufstellen und sich vor allem auch für das weibliche Publikum öffnen.
Als eine der ersten Schritte überarbeitete er sämtliche Werbestrategien oder strich sie ganz. Dazu zählte unter anderem eine Werbekampagne, in der ein Pilot in seinem Kunstflieger einen Tankstopp einlegt. Währenddessen reicht ihm eine leicht bekleidete Frau eine Trinkflasche. “Es gibt durchaus Kunden, die das lustig und gut fanden. Aber solche Spots sind definitiv nicht mehr zeitgemäß und widerspiegeln nicht die Werte der heutigen Gesellschaft. Daher habe ich sie sofort gestoppt”, sagte Kern in einem Interview mit der Schweizer Werbewoche.
In Zukunft wolle er zudem junge, urbane Projekte unterstützen, die auf dem ersten Blick eher wenig mit der Marke zu tun haben. So weihte Kern im Sommer 2022 gemeinsam mit Grenchens Bürgermeister François Scheidegger und dem Künstler Fabian “Bane” Florin ein Graffiti-Kunstwerk direkt neben dem Hauptsitz der Firma ein. “Das passt perfekt zu Breitling und dem inklusiven und entspannten Lifestyle, für den die Marke steht”, erklärt Kern.
Breitling wird bunter und weiblicher
Für Kern war es natürlich wichtig, die Stammkunden weiterhin mit maßgeschneiderten Produkten zu versorgen, die eher auf größere Handgelenke ausgerichtet sind. Zeitgleich wurden zahlreiche Modelle mit weiteren Innovationen und kleineren Abmaßen hergestellt, um auch das Interesse der uhrenaffinen Frauen zu wecken.
Breitling präsentiert im Herbst 2023 das ikonische Modell Navitimer in zwei neuen, kleineren Größen. Die Modelle sind mit schimmernden Perlmuttzifferblättern, rückverfolgbarem 18-karätigem Rotgold und verantwortungsbewussten Labor-Diamanten ausgestattet. Die neuen Ausführungen gibt es sowohl mit Quarz- als auch mit Automatikwerken und haben einen Durchmessern von 32 Millimeter und 36 Millimeter. Die neuen Modelle feierten ihr Debüt im Rahmen der For-The Journey-Kampagne.
Für diese Kampagne konnte Breitling Charlize Theron gewinnen. Die 48-jährige Südafrikanerin ist Schauspielerin, Filmproduzentin und hat 2006 den Oscar als beste Hauptdarstellerin gewonnen. “Charlize repräsentiert diese Linie auf eine ganz wunderbare Art und Weise, denn auch sie ist eine Ikone, die auf der ganzen Welt für ihre Stärke, ihre Schönheit, ihr Talent und ihren kraftvollen individuellen Lebensweg bekannt ist”, erklärt der Breitling-CEO, der 2024 weitere Maßnahmen in diesem Bereich setzen will.
Breitling ist es auch gelungen, Victoria Beckham für das Design eines limitierten Chronomat mit einem Durchmesser von 36 Millimeter gewinnen. Insgesamt 1500 Stück werden von den vier unterschiedlichen Modellen, in denen Automatikwerke verbaut sind, verkauft.
Der Chronomat kommt in Farbgebungen, die vom Frühling/Sommer 2024 (Pfefferminze, Mitternachtsblau, Taubengrau und Sand) inspiriert sind, und bewahrt zugleich klassische Designelemente des Chronomats wie das Rouleaux-Armband aus Metall und die erhabenen Reiter bei den Viertelstundenindizes. Jedes Zifferblatt ist mit der Limitierung “One of 400” bei Edelstahl (ab 5500 Euro) und “One of 100” bei Vollgold (29.500 Euro) versehen.
Unter der Führung von Georges Kern experimentierte das Unternehmen auch mit weiteren Farben. Herausgekommen sind farbkräftige Modelle. Das spiegelt sich unter anderem in der neuen Superocean Heritage ’57 Highlands Capsule-Kollektion wider. “Wir haben viele farbenfrohe Modelle mittlerweile. Ich denke, das braucht der Markt auch. Vor allem in schwierigen Zeiten wie diesen. Die Leute wollen ein positives Feeling und das bieten wir auch an”, erklärt der 58-Jährige.
Breitling gelingt es dabei auch, Geschichten zu den neuen Modellen zu erzählen. “Für die Superocean Heritage ’57 Highlands Capsule-Kollektion wollten wir das ganz besondere Gefühl heraufbeschwören, das sich bei einer Wanderung durch die schottischen Highlands einstellt. Von dem Augenblick an, an dem Sie sich in Tweed-Jacke und Wollpullover auf den Weg machen, über einen Tag an windgepeitschten Klippen bis hin zur Rückkehr ins warme Zuhause ans knisternde Feuer, der Hund an Ihrer Seite“, sagt Kern, dem es auch wichtig ist, dass sich die einzelnen Modellserien klar unterscheiden, was vor sechs Jahren noch nicht der Fall war.
Werbung abseits der großen Sportarten
Breitling geht auch in der Werbung einen eigenen Weg. “Wir wollten bewusst nicht in Golf, Tennis oder Formel investieren, sondern etwas finden, das nahbar für unsere Kundinnen und Kunden ist”, sagte Kern in einem Interview dem Magazin Swisswatches. Daher habe sich das Unternehmen bewusst für Sportarten wie Triathlon oder Surfen entschieden. Die Partnerschaften müssen in das Konzept des Unternehmens passen. “Es hat auch funktioniert. Mittlerweile kennen viel mehr Menschen diese Sportarten und Breitling als noch vor ein paar Jahren”, so der CEO.
Breitling hat Partnerschaften mit Classic Cars, der Sportveranstaltung Ironman sowie dem Motorradhersteller Triumph. Seit 2021 arbeitet Breitling auch mit Deus Ex Machina zusammen, dem renommierten australischen Motorrad- und Surfausrüster. Weitere Partner sind die Schweizer Fluglinie Swiss und das Rad-Team Q36.5 Pro Cycling, das sich zum Ziel gesetzt hat, bis 2026 das WorldTour-Niveau zu erreichen. Aus den Kooperationen sind unterschiedliche Modelle entstanden.
Zudem ging Breitling eine Partnerschaft mit der Surfrider Foundation ein, um die Meere, Wellen und Strände auf der ganzen Welt zu schützen. “Breitling hatte schon immer eine starke Verbindung zum Meer. Zusammen mit Surfrider leisten wir unseren Beitrag zum globalen Kampf für saubere Meere – nicht nur für heute, sondern auch für zukünftige Generationen”, so Kern.
Eigene Squads für die Werbeträger
Unter dem Hashtag #squadonamission werden in unterschiedlichen Kategorien Sportler, Abenteurer und Künstler vorgestellt, die für die Marke Breitling stehen. Diese Markenbotschafter werden jeweils einer Modellreihe zugeordnet.
So sind im Allstar Squad der Profibasketballer Giannis Antetokounmpo, Fußballstürmer Erling Haaland, die amerikanische Olympiasiegerin auf dem Snowboard, Chloe Kim sowie der Footballer Trevor Lawrence, die die Gesichter des Chronomats sind.
Das Triathlon-Squad umfasst die Triathleten Chris McCormack, Daniela Ryf und Jan Frodeno, die das Modell Endurance Pro repräsentieren. Die Surfer Stephanie Gilmore, Sally Fitzgibbons und Kelly Slater stehen für die Superocean-Reihe. Weitere Botschafter sind die erste afroamerikanische Primaballerina beim American Ballet Theatre, Misty Copeland und der Luftfahrtpionier Bertrand Piccard.
Dem Unternehmen ist es wichtig, so breit und divers wie möglich bei seinen Werbepartnern aufgestellt zu sein.
Eine Serie zu Ehren von Willy Breitling
Es wäre aber nicht Georges Kern, würde er nicht auch an die Tradition von Breitling denken, die bis in das Jahr 1884 zurückgeht. Vor zwei Jahren präsentierte daher Breitling die Premier-Serie, deren Ursprung bis ins Jahr 1943 reicht.
1943 hatte sich Willy Breitling einen Namen als Hersteller von Fluginstrumenten und Funktionsuhren gemacht, die den funktionellen Erfordernissen des Krieges entsprachen. Aber der Spross aus der dritten Generation der Gründerfamilie von Breitling träumte auch von einer Zeit nach dem Krieg, in der Nützlichkeit grenzenlosem Optimismus weichen würde. Mit dieser Zukunft im Hinterkopf entwarf er eine Serie eleganter Chronographen Seine neue Linie nannte er “Premier”.
In diesem Jahr folgten zum 80-Jahre-Jubiläum der Serie sechs weitere Modelle, die mit dem Manufakturkaliber 01 ausgestattet sind. Und auch hier schafft es Breitling, eine perfekte Geschichte zu erzählen. Denn die Veröffentlichung des neuen Premier B01 Chronograph 42 fällt mit der Veröffentlichung von Premier Story zusammen, dem dritten Teil der Watch Stories Serie, die einige der meistgefeierten Zeitmesser der Welt porträtiert. Autor Fred Mandelbaum ist Breitlings offizieller Markenhistoriker und weltbekannter Premier-Sammler. Er nimmt die Leserinnen und Leser mit auf Willy Breitlings erfolgreiche, aber oft turbulente Mission, den Chronographen aus dem Flugzeugcockpit ans Handgelenk der Stilikonen der Welt zu bekommen.
Die Zukunft liegt auch in der Vergangenheit
In den vergangenen sechs Jahren hat sich Breitling dank Georges Kern von einem Sorgenkind zu einer aufstrebenden Uhrenmarke entwickelt, die sich ihrer Herkunft bewusst ist und viel Neues und Erfrischendes auf einen eher konservativen Markt bringt.
Die Verantwortlichen in Grenchen denken bereits an die Zukunft, die mit Vergangenem zu tun hat. Es kam einigermaßen überraschend, dass Breitling die Marke Universal Genève übernommen hat.
Universal Genève wurde 1894 gegründet und machte sich Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts mit innovativen Designs und technischem Know-how einen Namen. Die Quarzkrise stellte das Unternehmen vor große Herausforderungen und markierte eine Wende auf seinem bisherigen Weg. Ab 1989 gehörte die Marke zur Stelux-Gruppe aus Hong Kong, die ihr Erbe bewahrt hatte.
“Wir sind überzeugt, dass Breitling hervorragend aufgestellt ist, um Universal Genève zu neuen Höhen zu führen, wie das Unternehmen es auch mit seiner eigenen Marke erfolgreich getan hat”, sagte Joseph Wong, Vorsitzender und CEO der Stelux-Gruppe.
Georges Kern schwärmt von seinem neuen Projekt: “Dieses Revival ist ein Traum, der zu einer Vision geworden ist.” Der Breitling von CEO hat sich zum Ziel gesetzt, Universal Genève wieder zu einem erfolgreichen Unternehmen zu machen.
Kennt Ihr bereits unseren ALTHERR-Podcast? In dieser Folge diskutieren meine beiden Kollegen Benedict und Johannes über die Übernahme von Universal Genève durch Breitling, und welche Auswirkungen das haben könnte.
Harald Saller
Mein Einstieg in die Welt der Uhren verdanke ich einem Film. Als Kind war ich fasziniert von dem actionreichen Streifen "Le Mans" mit Steve McQueen. Dank ihm wurde die Heuer Monaco zu einer Ikone in der Uhrenwelt. Dieses Modell markierte 2009 meinen Einstieg in die Welt der Premium- und Luxusuhren.
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich intensiv mit Uhren, ihren Techniken und Geschichten auseinandergesetzt. Ich schaue vor allem gerne hinter die Kulissen.
Aber was ist eigentlich das Faszinierende an Uhren? Ich könnte jetzt eine lange Liste erstellen, um zu erklären, warum Uhren ein tolles Hobby sind. Letztendlich sind es jedoch die positiven Emotionen, die Armbanduhren in mir auslösen. Als Journalist versuche ich, diese Emotionen in meinen Texten unseren Leserinnen und Lesern näherzubringen.