In der heutigen Zeit ist es selbstverständlich, dass Armbanduhren über eine Leuchtmasse verfügen, damit das Ablesen der Zeit auch im Dunkeln kein Problem ist. Uhren leuchten im Dunkeln, weil sie mit speziellen Leuchtstoffen versehen sind, die Licht speichern und im Dunkeln abgeben können. Diese Leuchtstoffe sind in der Regel auf die Zeiger, Ziffern oder Indizes der Uhr aufgetragen.
Es gibt verschiedene Materialien und Techniken, die im Laufe der Zeit verwendet wurden, um diesen Effekt zu erzielen. Die ersten Versuche mit dem extrem gefährlichen Element Radium fanden Anfang des 20. Jahrhunderts statt. Heutzutage werden hauptsächlich nicht-radioaktive Leuchtstoffe verwendet, wie zum Beispiel Super-LumiNova.
Das Ehepaar Curie entdeckt das Radium
Ende des 19. Jahrhunderts wurden ersten Versuche gestartet, eine Leuchtmasse auf den Zifferblättern herzustellen. Der verwendete Stoff war Radium. Es gehört zur Gruppe der Erdalkalimetalle und ist eines der schwersten Alkalimetalle. Radium ist ein hoch radioaktives Element, das in der Natur nur in geringen Mengen vorkommt, meist in Uran- und Thoriumerzen. Radium zerfällt durch Alpha- und Gamma-Strahlung und hat eine Halbwertszeit von 1600 Jahren. Diese Strahlung macht es gefährlich für den menschlichen Körper, da sie Zellen schädigen und Krebs verursachen kann.
Radium wurde 1898 von den Wissenschaftern Marie Curie und Pierre Curie entdeckt, als sie das Element aus Uranerz isolierten. Ihre Arbeit auf dem Gebiet der Radioaktivität war bahnbrechend und führte letztlich dazu, dass Marie Curie zweimal den Nobelpreis erhielt: 1903 in Physik mit ihrem Ehemann Pierre und 1911 mit Henri Becquerel in Chemie für ihre Entdeckungen im Bereich der Radioaktivität.
Radium-Leuchtmasse ist lebensgefährlich
Kurz nach der Entdeckung wurden Radium und Zinksulfid kombiniert, um eine dauerhafte Leuchtkraft zu erzeugen. Diese Methode fand nicht nur bei Uhren, sondern auch bei Flugzeuginstrumenten und anderen Geräten breite Anwendung. Doch die Begeisterung für das leuchtende Material wurde bald durch die gesundheitlichen Gefahren getrübt, die vor allem die sogenannten „Radium Girls“ unter anderem in Newark im US-Bundesstaat New Jersey betrafen.
Die Arbeiterinnen des Unternehmens US Radium Corporation bemalten die Uhren und atmeten dabei den radioaktiven Radiumstaub ein. Zudem berührten sie während ihrer Arbeit den radioaktiven Pinsel mit ihrer Zunge beziehungsweise mit ihrem Mund.
Schwere gesundheitliche Probleme und Todesfälle waren die Folge. Das geschah vor allem in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die Arbeiterinnen verloren ihre Zähne und die Kieferknochen lösten sich auf. Vielen Wissenschaftern als auch den meisten Arbeitgebern waren die Folgen bewusst. Die Arbeiterinnen hatten davon allerdings keine Ahnung.
Die zahlreichen Erkrankungen und Todesfälle führten schlussendlich zu strengen Regulierungen und einem Rückgang der Radium-Nutzung. Zudem kam es zu einer einmaligen Entschädigung von rund 10.000 Dollar. Das entspricht in der heutigen Zeit ungefähr 120.000 Euro. Schutzmaßnahmen für den Radium-Umgang wurden ebenfalls eingeführt. Zahlreiche Mitarbeiterinnen bekamen zudem eine zusätzliche Pension als Entschädigung.
Tritium ersetzt Radium als Leuchtmasse
Radium wurde trotz der gesundheitlichen Bedenken auch in den folgenden Jahrzehnten für die Leuchtmasse verwendet. Allerdings wurden sicherheitstechnische Bedingungen eingeführt, damit es zu keinem direkten Kontakt mehr kam. Der Einsatz von Radium endete Anfang der 1960er Jahre. Damals begann der Siegeszug von Tritium.
Tritium ist ebenfalls radioaktiv, aber weitaus weniger gefährlich als Radium. Es hat eine Halbwertszeit von 12,3 Jahren und wird wie Radium auf die die Zeiger und Ziffern aufgebracht. Diese Methode bot eine anhaltende Leuchtkraft über Jahre hinweg und wurde schnell zur bevorzugten Technologie.
Trotz dieses Vorteils bleibt auch Tritium nicht ohne Herausforderungen, da seine Leuchtkraft mit der Zeit abnimmt und es irgendwann ersetzt werden muss . Im Laufe der Zeit verändert Tritium seine Farbe und kann unter anderem von einem hellen Grün zu erdigen Tönen wie kaffeebraun oder kürbisfarben verblassen. Diese Patina ist bei Sammlern sehr geschätzt und verleiht der Uhr einen einzigartigen Charakter.
Auf manchen Zifferblättern neigte Tritium dazu, zu diffundieren, durch das Gehäuse zu sickern und in die Haut des Trägers zu gelangen. Tritium-basierte Farben auf Zifferblättern, die von zahlreichen Uhrenmarken verwendet wurden, wurden 1998 verboten.
Super-LumiNova erobert die Uhrenwelt
Mit den Fortschritten in der Materialwissenschaft der 1990er Jahre begann die Entwicklung von nicht-radioaktiven Leuchtstoffen, die auf Lichtbasis funktionieren. Super-LumiNova, ein auf Strontiumaluminat basierendes Material, setzte neue Maßstäbe. Es kann durch Licht aufgeladen werden und leuchtet im Dunkeln, ohne radioaktive Substanzen zu verwenden.
Super-LumiNova wurde von der japanischen Firma Nemoto & Co. Ltd. entwickelt. Der neue Leuchtstoff braucht allerdings eine externe Quelle, damit sie im Dunkeln leuchtet. Dabei reicht das herkömmliche Tageslicht in der Regel aus. Diese Firma spezialisierte sich bereits Anfang der 1940er Jahre auf eine sichere Alternative zu den gefährlichen Materialien wie Radium und Tritium.
Die Technologie wurde schnell populär, und 1998 wurde die LumiNova AG Switzerland gegründet, um die Schweizer Uhrenindustrie mit diesem innovativen Leuchtstoff zu beliefern. Es gibt verschiedene Grade von Super-LumiNova, die sich in ihrer Leuchtkraft und Leuchtdauer unterscheiden. Die gängigsten Grade sind C1 (geringere Leuchtkraft) bis C3 (höchste Leuchtkraft). Neben Uhren wird Super-LumiNova auch in anderen Bereichen eingesetzt, z.B. in der Luftfahrt, bei Instrumenten und in der Sicherheitsbeleuchtung.
Die Vorteile von Super-LumiNova
Einer der größten Vorteile von Super-LumiNova ist seine Sicherheit. Darüber hinaus ist Super-LumiNova langlebig: Obwohl die Leuchtkraft nach einigen Stunden nachlässt, kann der Leuchtstoff unzählige Male aufgeladen werden, ohne seine Fähigkeit zu verlieren.
Ein weiterer bemerkenswerter Vorteil ist die Farbvielfalt. Super-LumiNova kann in verschiedenen Farben hergestellt werden, was Designern und Uhrenherstellern mehr gestalterische Freiheit bietet. Diese Vielseitigkeit ermöglicht es, sowohl funktionale als auch ästhetische Anforderungen bei sämtlichen Uhrenmodellen zu erfüllen.
IWC präsentiert Leuchtmasse aus Keramik
IWC hat Ende Mai einen Ausblick auf die Zukunft präsentiert. Das Schweizer Uhrenunternehmen hat eine Technologie mit dem Namen Ceralume® zur Fertigung leuchtender Keramik entwickelt. Sie basiert auf einem zum Patent angemeldeten Hightech-Verfahren, das von der IWC Engineering-Division XPL entwickelt wurde. Dank dieser Technologie kann IWC jetzt erstmals vollständig leuchtende Keramikgehäuse herstellen. Dazu werden Keramikpulver homogen mit hochwertigen Super-LumiNova®-Pigmenten vermischt. Dieses Leuchtmaterial verhält sich wie eine Licht-Batterie. In Dunkelkammertests gab eine vollständig leuchtende Konzeptuhr, die mit Ceralume®-Technologie hergestellt wurde, mehr als 24 Stunden ein helles, bläuliches Licht ab.
Dieser Zyklus kann beliebig oft wiederholt werden, ohne dass das Material altert oder seine Fähigkeit zur Speicherung von Licht nachlässt. Diese neue Technologie wird bei IWC als Grundlage für künftige Entwicklungen und Produkte dienen.
Fazit sowie technische Aussicht
Super-LumiNova hat die Uhrenindustrie nachhaltig verändert. Mit seiner Sicherheit, Langlebigkeit und Vielseitigkeit stellt es eine ideale Lösung für die Beleuchtung von Uhren im Dunkeln dar. Diese leuchtende Revolution hat nicht nur die Funktionalität von Uhren verbessert, sondern auch neue gestalterische Möglichkeiten eröffnet. Während die Forschung weitergeht, bleibt Super-LumiNova ein strahlendes Beispiel für die erfolgreiche Kombination von Wissenschaft und Handwerkskunst in der Uhrmacherei.
Die Forschung und Entwicklung im Bereich der Leuchtstoffe schreitet kontinuierlich voran. Neue Materialien und Technologien könnten in Zukunft noch bessere und langlebigere Lösungen bieten. Eine spannende Entwicklung sind keramische Verbindungen, die Super-LumiNova enthalten und selbst leuchten. IWC hat hier den ersten wichtigen Schritt getätigt. Diese Innovation könnte die Notwendigkeit von aufgetragenen Leuchtstoffen überflüssig machen und eine noch bessere Leuchtkraft und Haltbarkeit bieten.
Harald Saller
Mein Einstieg in die Welt der Uhren verdanke ich einem Film. Als Kind war ich fasziniert von dem actionreichen Streifen "Le Mans" mit Steve McQueen. Dank ihm wurde die Heuer Monaco zu einer Ikone in der Uhrenwelt. Dieses Modell markierte 2009 meinen Einstieg in die Welt der Premium- und Luxusuhren.
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich intensiv mit Uhren, ihren Techniken und Geschichten auseinandergesetzt. Ich schaue vor allem gerne hinter die Kulissen.
Aber was ist eigentlich das Faszinierende an Uhren? Ich könnte jetzt eine lange Liste erstellen, um zu erklären, warum Uhren ein tolles Hobby sind. Letztendlich sind es jedoch die positiven Emotionen, die Armbanduhren in mir auslösen. Als Journalist versuche ich, diese Emotionen in meinen Texten unseren Leserinnen und Lesern näherzubringen.
Prima 🤩 die neuen Kenntnisse zu bekommen! Mega Interessant! Dankeschön 😊
Das freut uns zu lesen! 🙂
Liebe Grüße aus der Redaktion,
Harald
Zwischen Tritium und SuperLuminova gab es für eine kurze Zeit noch Luminova. Evtl. interessant wenn ihr Euch für eine Rolex aus 1998 oder 1999. interessiert. Die Ziffernblätter sind mit “Swiss” bei 6 Uhr gekennzeichnet. Mit dem Wechsel auf Superluminova steht “Swiss Made” bei 6 Uhr. Auch hilfreich um zu erkennen ob das Ziffernblatt original ist der beim Service schonmal getauscht wurde.
Danke für den Hinweis! Ich werde dahingehend recherchieren und den Artikel gegebenenfalls ergänzen! LG aus der Redaktion.