Zahlreiche Uhrenhersteller besinnen sich ihrer Vergangenheit und Herkunft. Das Ergebnis sind Neuveröffentlichungen von Modellen, die mit ihrem Design frühere Dekaden geprägt haben. Der Vintage-Look ist bei den Uhrenfans groß angesagt. Er hat einen zeitlosen Charme und eine Eleganz, die viele Menschen anspricht. In diesem Artikel stellen wir euch fünf Uhrenmarken vor, die sich der Bewahrung und Fortsetzung ihrer großen Geschichte verschrieben haben.
Definition von Vintage und Re-Issues
Das Wort “Vintage” wird im Deutschen oft verwendet, um etwas Altes oder Antikes zu beschreiben, insbesondere im Zusammenhang mit Mode, Uhren, Autos und anderen Gegenständen. Es wird als sehr positives Adjektiv verwendet, um den Stil oder die Ästhetik vergangener Epochen zu beschreiben.
Das Gesamtdesign einer Vintage-inspirierten Uhr ist oft von einer bestimmten Ära oder einem bestimmten Stil geprägt. Sei es Art Déco, Bauhaus oder Mid-Century-Design. Das Ziel ist es, einen zeitlosen und eleganten Look zu schaffen, der an vergangene Zeiten erinnert, ohne dabei altmodisch zu wirken.
In diesem Zusammenhang wird oft von Re-Issues gesprochen. Bei Uhren bezieht sich dieser Begriff auf die Neuauflage oder Wiederauflage eines historischen Uhrenmodells.
Re-Issues sind oft Nachbildungen des Originals, haben aber Verbesserungen und Anpassungen erhalten, um den heutigen Standards und Vorlieben gerecht zu werden.
Diese Modelle bieten Sammlern und Uhrenliebhabern die Möglichkeit, klassische Designs zu genießen, ohne auf Vintage-Modelle zurückgreifen zu müssen, deren Verfügbarkeit begrenzt oder deren Zustand ungewiss sein könnte.
Mit MIDO in die 1930er Jahre
Wenn es um Vintage-Style geht, spielt MIDO eine ganz wichtige Rolle. Der Schweizer Uhrenhersteller aus Le Locle zeigt das vor allem in ihrer Multifort-Serie. Eine wörtliche Übersetzung in die deutsche Sprache gibt es dafür nicht.
Diese Modellreihe wurde erstmals in den 1930er Jahren vorgestellt und hat seitdem eine lange Tradition. Der Name “Multifort” wurde gewählt, um die robuste und zuverlässige Natur dieser Uhren zu betonen, die für den Einsatz in verschiedenen Umgebungen geeignet sind. Mit der Einführung der Multifort-Serie im Jahre 1934 wurde die erste Uhr vorgestellt, die vier Eigenschaften vereinen konnte. Die Modelle hatten ein Automatikwerk, eine Wasserdichtigkeit, sie waren antimagnetisch und vor allem stoßsicher.
Drei Modelle prägen die Multifort-Serie
In der Multifort-Serie gibt es zwei Modelle, die besonders herausstechen. Eines davon ist das TV Big Date. Mido verwendete diese Form in den Jahren 1973, 1980 und 2000 für das Design einiger seiner Modelle. Im vergangenen Jahr kam die Neuerscheinung auf den Markt und war sofort ein Verkaufsschlager, vor allem auch wegen des sehr guten Preis-Leistungs-Verhätlnisses.
Die TV Big Date verfügt über ein klassisches und zugleich sportliches Design, das von den Retro-Uhren der 1930er Jahre inspiriert ist.
Die Bezeichnung TV ist angelehnt an frühere Formen der TV-Bildschirme, die ein Format von 4:5 und nicht von 16:9 hatten, so wie die aktuellen Fernseher.
Im Inneren der Zeitmesser arbeitet das bewährte Mido Kaliber 80.651. Basierend auf dem Powermatic 80 ist es ein verlässlicher Allrounder der Swatch Group.
Mit der Patrimony liefert MIDO einen eleganten Dresser, der auf vielfältige Art und Weise einsetzbar ist. Bei diesem Modell ist der Firmenname klein und kursiv geschrieben. Ein Merkmal, das an frühere Epochen erinnert. Es gibt dieses Modell in drei unterschiedlichen Ausführungen.
Das Design des Zifferblattes ist zeitlos. Es verfügt über einen innenliegenden Sekundenring und eine außenliegende Pulsometer-Skala. Die Datumsanzeige befindet sich auf auf 6 Uhr. Die Patrimony hat ein braunes, patiniertes Lederarmband mit Dornschließe. Im Inneren der Uhr werkt das zuverlässige Powermatic 80.
Das dritte Modell im Bunde ist der Ocean Star Decompression Worldtimer. Die Ursprünge des Modells reichen bis ins Jahr 1942 zurück, als die Marke ihren berühmten Seestern auf einem Wappen als Emblem für ihre Fortschritte in der Wasserdichtigkeitstechnologie schützen ließ. Das Modell hat einen verspielten bunten Look, MIDO nennt ihn Neo-Vintage-Stil, da im Inneren ein modernes Werk arbeitet. Es ist eine Hommage an das beliebte MIDO-Modell Ocean Star Skin Diver Watch aus den 1960er Jahren. Auch dieses Modell wird mit einem Powermatic 80 Kaliber angetrieben. Es gibt dieses Modell in einer blauen und in einer schwarzen Variante.
Longines setzt auf seine Historie
Kaum ein Uhrenunternehmen ist so stolz auf die eigene Geschichte wie Longines. Die Schweizer Uhrenmarke hat eine reiche Geschichte, die bis ins Jahr 1832 zurückreicht, als Auguste Agassiz das Unternehmen in Saint-Imier in der Schweiz gründete.
Longines präsentierte vor Kurzem die neue Conquest Heritage Central Power Reserve mit einem Gehäuse von 38 Millimeter Durchmesser. Im Inneren werkt das exklusives Longines Kaliber L896.5 mit einer Gangreserve auf rotierenden Scheiben in der Mitte des Zifferblatts. Es ist ein ikonisches Modell mit champagnerfarbenem Zifferblatt und integriertem schwarzen Alligatorlederarmband anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Kollektion Conquest, das in kursiver Schrift auf das Zifferblatt gedruckt wurde. Außerdem verzichtet Longines bei diesem Modell auf das aktuelle Logo mit den Flügeln. Mein Kollege Luca Cordes hat sich dieses neue Modell in diesem Artikel genauer angesehen.
Wiederbelebung eines Kassikers
Der ursprüngliche Legend Diver von Longines ist eine ikonische Taucheruhr, die erstmals in den 1960er Jahren auf dem Markt erschien. Sie wurde für professionelle Taucher entwickelt. 2020 präsentierte das Schweizer Unternehmenein eine neue Interpretation dieser Taucheruhr, die sich am Original orientierte. Das neue Modell hat einen Durchmesser von 42 Millimeter.
Dieser Zeitmesser verfügt über ein Gehäuse aus Bronze, das im Laufe der Zeit eine einzigartige Patina entwickelt. Mit einem automatischen ML 888 Werk und 72 Stunden Gangreserve ist er der perfekte Begleiter bei unterschiedlichen Aktivitäten.
Hinzu kommt eine ordentliche Wasserdichtigkeit von 300 Metern. Der Preis für dieses spezielle Modell beträgt 3400 Euro.
Es gibt noch zahlreiche weitere Varianten mit diesem Durchmesser, mit Datumsanzeige und auch ohne sowie mit unterschiedlichen Bändern.
Longines hört auf seine Fans
Zudem ists es dem Schweizer Traditionsunternehmen wichtig, welch Wünsche die Fans des Legend Divers haben. Aus diesem Grund präsentierte Logines im vergangenen Jahr ein weiteres Modell mit einem Durchmesser von 39 Millimeter, da die größere Variante mit den langen Hörnern für viele Handgelenke einfach zu groß war.
Diese Ausführung hat abgesehen von den unterschiedlichen Abmessungen dieselben Eigenschäften wie die größere Varianten. Es gibt den Legend Diver in unterschiedlichen Farben und zudem mit einem Stahl-, Leder- oder Stoffband.
Cartier ist der Meister des Vintage-Looks
Wenn es um die Pflege der eigenen Geschichte geht, dann spielt Cartier wohl eine der wichtigsten Rollen in der Uhrenwelt. Keine Marke schafft es so perfekt, die eigenen Modelle von der Vergangenheit in die Gegenwart zu transportieren, ohne dass sie ihren Charme und ihre Anziehungskraft verlieren.
Das hat mehrere Gründe. Cartier hat viele ikonische Designs und Stile, die über die Jahre hinweg geschaffen wurden. Die Designs der Modelle sind oft schlicht und dennoch raffiniert. Das bedeutet, dass sie auch nach vielen Jahren noch relevant und ansprechend sind. Durch die Beibehaltung dieser ästhetischen Merkmale kann das Unternehmen alte Modelle erfolgreich in die Gegenwart übertragen und damit für einen erfolgreichen Re-Issue sorgen.
Modelle sind schlicht, aber raffiniert
Doch es ist nicht nur das Design, das bei Cartier überzeugt. Dazu gehören auch noch hochpräzise Uhrwerke, skelettierte Gehäuse, innovative Gangreserve-Mechanismen und Komplikationen wie Tourbillons und Minutenrepetitionen.
Das Unternehmen überrascht immer wieder mit Modellen, mit denen nicht zu rechnen war. Daher verwundert es auch nicht, dass Cartier in den vergangenen Jahren an Beliebtheit gewonnen hat aktuell beim Umsatz auf dem zweiten Platz hinter Rolex liegt.
Diese Santos-Dumont ist eine Neuaflage des berühmten Models, das nach dem berühmten brasilianischen Luftfahrtpionier Alberto Santos-Dumont benannt ist. Er arbeitete eng mit Cartier zusammen, um eine Uhr zu entwickeln, die er während seiner Flüge verwenden konnte.
So war im Jahr 1904 die erste Armbanduhr der Welt geboren. Hier findest Du einen ausführlichen Artikel dazu.
Tank: Brachialer Name, aber elegant
Die zweite wichtig Modellreihe ist die Tank. Was brachial klingt, wurde behutsam in einer zeitlosen Form umgesetzt. Nur leicht erinnern die Modelle an die Form eines Panzers. Das Ergebnis waren klaren Linien und das rechteckige Gehäuse, das unverkennbar ist. Die aktuell älteste Variante ist die Tank Louis Cartier, deren Ursprung auf das Jahr 1922 zurückgeht. In den vergangenen Jahrzehnten wurden weitere Ausführungen der Tank vorgestellt: Must (1977), Américaine (1989) und Française (1996).
Zudem spielt das Unternehmen regelmäßig mit neuen Farben und Designs der Zifferblätter, die auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken können, sich schlussendlich aber perfekt in die Produktpalette eingliedern.
TUDOR: Zurück zu den Anfängen
Das Jahr 2012 sollte für die Schweizer Uhrenmarke TUDOR ein Gamechanger werden. Zu diesem Zeitpunkt spielte das Unternehmen eine kleinere Rolle in der Welt der Uhren. Mit der Präsentation der Heritage Black Bay gelang der große Wurf. Von da an ging es steil bergauf. Der Name Black Bay stammt laut Unternehmen „von einer fiktiven, verborgenen Bucht, deren Geheimnisse man nur mit der Zeit, Schritt für Schritt entdecken wird“. TUDOR besann sich damit seiner Vergangenheit, in der Taucheruhren eine große Rolle gespielt hatten.
Eine Hommage an frühere Diver
Ein Modell, mit dem TUDOR die eigene Historie perfekt in die Neuzeit umgesetzt hat, ist die Black Bay Fifty-Eight. Dabei handelt es sich um eine Hommage an die Taucheruhren von TUDOR aus den 1950er-Jahren. Sie wurde erstmals 2018 eingeführt und zeichnet sich durch ihr kleineres Gehäuse und ihr Vintage-Design aus.
Die Black Bay 58 verfügt über klassische Elemente, die bei älteren Taucheruhren von TUDOR zu finden sind. Sie ist so gesehen eine Wiedergeburt der legendären Referenz 7924, die unter Liebhabern bis heute “Big Crown” genannt wird. TUDOR präsentierte diese Uhr im Jahr 1958, deshalb heißt das neue Modell Black Bay 58 und besitzt eine mächtige acht Millimeter große Aufzugskrone.
Im Gegensatz zu einigen anderen Modellen der Tudor Black Bay Linie ist die Black Bay 58 etwas kleiner und hat einen Durchmesser von 39 Millimeter. Dies macht sie besonders attraktiv für Menschen mit schmaleren Handgelenken oder für diejenigen, die eine Uhr mit einer traditionelleren Abmessungen bevorzugen. Die neue 58er ist bis zu 200 Meter wasserdicht und im Inneren werkt das Manufakturwerk MT5402.
Black Bay 54 und Ranger als Ergänzung
TUDOR hat in den vergangenen Jahren die Historie immer weiter ausgebaut. So gesellte sich im vergangenen Jahr die Black Bay 54 hinzu. Dieses Modell gibt es in zwei Ausführungen und hat einen Durchmesser von 37 Millimeter. 1954 stellte die Schweizer Uhrenmanufaktur seine erste Taucheruhr vor. Das neue Modell ist inspiriert von der damaligen Referenz 7922. TUDOR verwendet das Manufakturwerk Kaliber MT5400 für den Antrieb.
Bereits 2021 stellte TUDOR die Ranger vor. Die Ranger wurde erstmals im Jahr 1967 eingeführt und war eine beliebte Armbanduhr für Abenteurer und Outdoor-Enthusiasten. Sie war Teil der Toolwatch-Linie von Tudor, die auf Funktionalität und Robustheit ausgerichtet war. Die Neuinterpretation der Ranger hat so wie die Black Bay 58 einen Durchmesser von 39 Millimetern, das gleiche Kaliber (MT5402) und eine Wasserdichtigkeit von 100 Metern.
Positives Feeling bei Breitling
Last but not least darf Breitling in so einer Aufzählung nicht fehlen. Die Uhrenmanufaktur aus Grenchen schafft den Spagatt, ein breites Publikum, egal ob alt oder jung, mit ihrem zum Teil frechen Auftreten anzusprechen.
Unter der Führung von CEO Georges Kern experimentierte das Unternehmen mit weiteren Farben. Das spiegelt sich unter anderem in der neuen Superocean Heritage ’57 Highlands Capsule-Kollektion wider. “Wir haben viele farbenfrohe Modelle mittlerweile. Ich denke, das braucht der Markt auch. Vor allem in schwierigen Zeiten wie diesen. Die Leute wollen ein positives Feeling und das bieten wir auch an”, erklärt der 58-Jährige. Einen ausführlichen Artikel zu George Kern und seiner Werbestrategie findest Du hier.
Genau wie ihr Vintage SuperOcean-Vorgänger greift auch diese Uhr verschiedene Designelemente des Originals von 1957 wieder auf, wie die konkave Keramiklünette, die übergrossen Indizes und den pfeilförmigen Stundenzeiger. Wie auch bei anderen Uhrenmarken setzt Breitling hier auf einen kleineren Durchmesser, nämlich 39 Millimeter. Angetrieben wird es von einem mechanischen Handaufszugwerk und besitzt eine Wasserdichtigkeit von 100 Metern.
Breitlings weitere Zugpferde
Das Modell Chronomat wurde 1941 eingeführt und war eine der ersten Uhren, die mit einer kreisförmigen Rechenschieberlünette ausgestattet war. Sie wurde in den 1980er Jahren als robuste und sportliche Uhr neu interpretiert und ist seitdem ein fester Bestandteil der Breitling-Kollektion.
Das Modell hat mehrere Modernisierungen erfahren. 2020 präsentierte Breitling eine Neuauflage dieses Klassikers mit der charakteristischen Reiterlünette.
Der Chronomat ist zu einem der beliebtesten Modelle von Breitling geworden und hat sich zu einem echten Klassiker entwickelt.
Einen ausführlichen Bericht zur Geschichte des Chronomaten findest Du hier.
Der Navitimer wurde elf Jahre später, also 1952, präsentiert und hatte ebenfalls einen kreisförmigen Rechenschieber auf der Lünette. Dieser Rechenschieber ermöglicht es Piloten, eine Vielzahl von Berechnungen direkt an ihrer Uhr durchzuführen, ohne auf externe Instrumente zurückgreifen zu müssen. Mittlerweile gibt es den Navitimer in über 40 Ausführungen sowohl für Männer als auch für Frauen. Neben der Navitimer-Serie gibt es auch noch die Modelle aus der Premiere-Kollektion, deren Ursprünge bis in die 1940er Jahre zurückgehen. Die Premiere-Modelle waren seinerzeit die stilvolle und elegante Ergänzung zu den Fliegeruhren von Breitling.
Fazit
Der Vintage-Look ist sehr angesagt und das völlig zurecht. Egal ob Autos, Schallplatten oder Uhren – viele Menschen auf der Welt befassen sich mit diesem Thema. Vielleicht ist es eine gewisse Sehnsucht nach früheren Zeiten, in der vor allem die Schlichtheit beim Design und der Technik überzeugen konnten und bei den damaligen Uhrenträgern nicht für eine Überforderung sorgte. Weniger ist mehr lautet(e) hier die Devise. Sowohl Longines, als auch Mido, Cartier, TUDOR und Breitling haben diese Merkmale mit ihren wunderschönen Modellen perfekt in die heutige Zeit transferiert.
Harald Saller
Mein Einstieg in die Welt der Uhren verdanke ich einem Film. Als Kind war ich fasziniert von dem actionreichen Streifen "Le Mans" mit Steve McQueen. Dank ihm wurde die Heuer Monaco zu einer Ikone in der Uhrenwelt. Dieses Modell markierte 2009 meinen Einstieg in die Welt der Premium- und Luxusuhren.
In den vergangenen zwei Jahren habe ich mich intensiv mit Uhren, ihren Techniken und Geschichten auseinandergesetzt. Ich schaue vor allem gerne hinter die Kulissen.
Aber was ist eigentlich das Faszinierende an Uhren? Ich könnte jetzt eine lange Liste erstellen, um zu erklären, warum Uhren ein tolles Hobby sind. Letztendlich sind es jedoch die positiven Emotionen, die Armbanduhren in mir auslösen. Als Journalist versuche ich, diese Emotionen in meinen Texten unseren Leserinnen und Lesern näherzubringen.