Die IWC Portofino ist eine dieser Uhren, die man für ihre schlichte Eleganz vergöttert, oder für ihre unverhohlene Langweiligkeit mit Desinteresse abstraft. Bislang gehörte ich letzterer Gruppe an, doch das hat sich schlagartig geändert. Heute stelle ich dir eine Portofino vor, die mich begeistert. Und ich gehe jede Wette ein, dass das bei dir nicht anders sein wird.
Schon seit Monaten schwärmt einer meiner Bekannten, den ich für seinen guten Stil sehr schätze, für die IWC Portofino. Von meiner Leidenschaft für Uhren wusste er und fragte deshalb bei einem Kaffee nach meiner Meinung. Ich zuckte mit den Schultern und antwortete mit einer Gegenfrage: “Warum kaufst du dir nicht eine Vintage Omega Seamaster? Erstens ist sie günstiger und zweiten auch noch authentischer.” Davon wollte er jedoch nichts wissen und redete weiter von den klassischen Linien und der zeitlosen Schönheit dieser Uhr. Schließlich akzeptierte ich seine Wahl und dachte nicht weiter darüber nach.
Wenig später war ich dann in unserem Berliner Geschäft am Hackeschen Markt und traf den Kollegen Thomas Dreblow, der bei ALTHERR neben Panerai und Grand Seiko auch IWC betreut. Wir sprachen ein bisschen über Flieger-Chronos und die Mark XX und ich beschloss, einige Uhren für unser Magazin zu reviewen. Thomas stellte mir eine tolle Auswahl an verschiedenen Zeitmessern zusammen und ich machte mich an die Arbeit.
Zuerst fesselte ein bronzener Fliegerchronograph mit blauem Zifferblatt meine Aufmerksamkeit, doch dann rückte ein anderes Modell mit goldenen Zeigern, einer kleinen Sekunde auf 6 Uhr und einer Gangreserveanzeige auf 9 Uhr in meinen Fokus. Ich traute meinen Augen nicht, als ich auf dem Zifferblatt ausgerechnet den Schriftzug “Portofino” las. Diese Uhr scheint mich zu verfolgen, dachte ich. Allerdings ohne zu wissen, dass ich mich schon bald in sie verlieben würde. Ich spreche von der IWC Portofino Referenz IW510103.
Lehrstunde: Zahlen, Daten und Fakten
Uhrwerk
Werk: Handaufzug
IWC Manufakturkaliber: 59210
Gangreserve: 192 Stunden
Funktionen: Gangreserveanzeige, kleine Sekunde
Kalender: Datum
Gehäuse
Material: Edelstahl
Durchmesser: 45 mm
Gehäuseboden: Glasboden
Wasserdichtigkeit: 30 Meter
Krone: unverschraubt
Glas: Saphirglas
Farbe: weiß
Stundenskala: Indizes
Zeigermaterial: Edelstahl
Zeigerfarbe: Rosegold
Material: Alligatorleder in braun
Anstoßbreite: 22 mm
Schließe: Dornschließe
Zeitreise: Die Geschichte der IWC Portofino
Die erste Uhr von IWC, die den Namen Portofino trug, kam 1984 in limitierter Stückzahl auf den Markt und basierte auf einer Taschenuhr. Sie entstand bereits in den 1970er-Jahren und besaß römischen Ziffern und Zeiger im klassischen Breguet-Stil sowie einer Mondphase auf dem Zifferblatt. Auf der eigenen Website erklärt IWC sehr schön, wie aus ihr letztendlich eine Armbanduhr wurde. “Eines Abends […] traf sich IWC-Chefdesigner Hanno Burtscher mit dem jungen IWC-Uhrmacher Kurt Klaus in einem Gasthaus im Ort. Bei einem Gläschen oder zwei sinnierten die beiden darüber, wie man die klassische Taschenuhr Referenz 5250 mit Mondphase in eine Armbanduhr umwandeln könnte“, heißt es dort.
Noch im Gasthaus soll Burtscher der Legende nach auf einer Serviette eine erste Skizze angefertigt haben, die ein schlichtes Design mit geraden Bandanstößen abbildete. Das Ergebnis war die Referenz 5251. Vorgestellt wurde sie in einer Zeit, in der Quarzuhren den Markt beherrschten und die Kreation von IWC aufgrund ihrer ungewöhnlichen Größe den Namen “Riesen-Portofino” bekam. Mitte der 1980er-Jahre gab es für die Schweizer Uhrenindustrie jedoch wieder Hoffnung und auch IWC wagte sich an weitere neue Modelle.
Der damalige Geschäftsführer Günter Blümlein setzte u.a. auf eine klassische Uhrenfamilie, “um die Vorzüge der traditionellen Schweizer Armbanduhr in einem modernen Produkt zu vereinen.” So entstand neben der Fortsetzung der “Riesen-Portofino” die zweite Generation dieser Uhr. Es kamen verschiedene Modelle heraus, die jedoch alle deutlich kleiner waren und auf die römischen Ziffern verzichteten. Das reine und klassische Design blieb jedoch erhalten.
Ende der 1980er-Jahre gab es zahlreiche Modelle der Portofino-Reihe. Darunter die Referenz 3513 mit einem 34 Millimeter großen Gehäuse, Automatikwerk und Datumsanzeige. Zudem gab es auch Varianten mit Quarzwerk wie etwa die Referenz 3331. 1988 brachte IWC mit der Referenz 3731 außerdem den ersten Portofino-Chronographen in einem 35 Millimeter großen Gehäuse heraus. Zu ihm gesellte sich 1990 auch noch die Referenz 3514, die noch schlichter war und kein Datum besaß.
Die Portofino war längst ein Erfolg, als sich IWC Mitte der 2000er-Jahre an die Weiterentwicklung der Uhr machte. Mit Bedacht, denn: “Die größte Herausforderung bei einem klassischen Produkt […] besteht darin, es so weiterzuentwickeln und zu verbessern, dass es seine Essenz nicht verliert.” Dieser Schritt gelang IWC mit den Referenzen 3533 und 3565. Diese beiden Uhren gingen auf die Referenz 3513 zurück, die ein Automatikwerk und eine Datumsanzeige hatte. Die neuen Modelle besaßen jedoch einen Gehäusedurchmesser von 38 bzw. 40 Millimetern.
Über die Jahre hinweg sind viele weitere Modelle innerhalb der Portofino-Familie herausgekommen, die alle nach wie vor die unverkennbare DNA der ersten Generation verkörpern. Darunter zum Beispiel die Chronographen (Referenz 3910) mit dem 42 Millimeter großen Gehäuse, die IWC Vintage Collection, die anlässlich des 140. Firmenjubiläums 2008 auf den Markt kam und ein Modell mit Mondphase in einem 46 Millimeter großen Gehäuse mit der Referenz 5448. Diese soll offenbar auch das Vorbild für die Portofino sein, die wir uns heute anschauen.
Aber bevor wir damit weitermachen und ich es vergesse: Ihren Namen verdankt die IWC Portofino übrigens der gleichnamigen italienischen Küstenstadt, die sich schon in den 1950er-Jahren zu einem beliebten Reiseziel entwickelte. Laut Hersteller teilen sich die Stadt und die Uhrenkollektion nicht umsonst den Namen. Sie verbinde ein entscheidender Faktor, der für den jeweiligen Erfolg stehe: eine besondere Zeitlosigkeit!
Augenblick: Design und Verarbeitung der IWC Portofino
Diese IWC Portofino überzeugt mit einem wunderschönen, aufgrund des Handaufzugswerkes recht flachen und vollpolierten Gehäuse aus Edelstahl. Mit der Langweiligkeit, die ich vielen der Portofino-Modelle nach wie vor unterstelle, bricht sie jedoch dank eines besonderen Zifferblattes. An erster Stelle ist hier die Farbe zu erwähnen. In unserem Shop bezeichnen wir es als weiß, doch in meinen Augen ist das Zifferblatt viel mehr elfenbeinfarben und ein einziger Traum. Für eine Portofino ist auf dem Blatt zudem einiges los, was die Symmetrie erstaunlicherweise aber nicht zerstört.
Unter der römisch 12 befindet sich der IWC Schaffenhausen Schriftzug, auf 3 Uhr das Tagesdatum und der Name Portofino, auf 6 Uhr die kleine Sekunde, die sich durch eine Vertiefung vom Rest des Zifferblattes abhebt, und auf 9 Uhr schließlich die Gangreserveanzeige mit rotem Farbakzent. Die schmalen und langen Spritzenzeiger mit rosegoldener Beschichtung fügen sich perfekt in das schicke Gesamtbild ein. Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch das gewölbte Saphirglas, dass für einen schönen Vintage-Vibe sorgt. Charakteristisch für das Design der Portofino sind darüber hinaus die kurzen, aber sehr markanten Hörner und die griffige Krone.
Der Klassiker von IWC ist eine zu 100 Prozent edle Dressuhr, die aus diesem Grund wunderbar am braunen Alligatorlederarmband getragen werden kann. An ihrer hohen Verarbeitungsqualität lässt diese Portofino keinen Zweifel. Wer sie in die Hand nimmt, bekommt sofort ein Gefühl von Luxus und auch ein Gespür für den Premiumanspruch, den IWC sich selbst verordnet. Jedes Detail erscheint makellos und selbst aus nächster Nähe betrachtet perfekt verarbeitet. Hier muss sich der Schweizer Traditionshersteller vor keiner Konkurrenz verstecken.
Unruhstiftung: Das Werk der IWC Portofino
Das IWC-Manufakturwerk 59210 mit Handaufzug ist bei dieser Portofino definitiv der Star der Show. Einerseits punktet es mit einer herausragenden Gangreserve von 192 Stunden bzw. acht Tagen (!). Andererseits macht es aber auch optisch einiges her, denn es ist toll verziert. Und das Beste habe ich dir ja bislang noch verschwiegen: Du kannst es durch einen riesigen Glasboden bei der Arbeit betrachten. Dieser ist nicht ohne Grund so gigantisch. Die Geschichte von IWC, und damit auch der der Portofino, beruht wie du mittlerweile weißt auf der Verarbeitung von Taschenuhrwerken in Armbanduhren. IWC ist sich hier treu geblieben und hat auch diese Portofino mit einem großen Werk ausgestattet, dass den Platz des für eine Dressuhr großen Gehäuses komplett ausnutzt. Dafür gibt es von mir einen Pluspunkt extra, denn ich schätze es sehr, wenn ein Hersteller sich an der eigenen Geschichte bedient und auch bei neuen Uhren auf historische Bezüge achtet. Chapeau!
U(h)rgefühl: So trägt sich die IWC Portofino
Dank ihrer geringen Bauhöhe trägt sich die IWC Portofino hervorragend. Sie vermittelt einem ein bisschen das Gefühl eines Tellers, der auf dem Handgelenk aufliegt. Das meine ich aber keineswegs negativ, denn durch die kurzen und gebogenen Hörner legt sie sich trotzdem ein Stück weit um den Arm herum ist sehr bequem. Mit einem Durchmesser von 45 Millimetern ist sie keine kleine Uhr und wirkt aufgrund des großen Zifferblattes auch nicht so. Trotzdem, und das war für mich die größte Überraschung, lässt sie sich sehr gut auch an schmalen Handgelenken tragen.
Und wenn ich schmal sage, dann meine ich auch schmal. Uhren mit einem Durchmesser von mehr als 42 Millimetern sind normalerweise nichts für mich. Die Portofino dagegen stellt ein Novum dar und macht an meinem Handgelenk mit einem Umfang von nur etwas mehr als 16 Zentimetern eine grandiose Figur. Das Alligatorlederband trägt ebenfalls dazu bei, denn es ist durchaus geschmeidig und sorgt für einen angenehmen Tragekomfort. Solltest du dagegen breitere Handgelenke haben, brauchst du dir erst recht keine Sorgen zu machen. Du müsstest schon Arme wie Donkey Kong haben, damit dir diese Uhr zu klein ist.
-4/+6 Sekunden: Meine Meinung zur IWC Portofino
Manchmal kann eine einzige Begegnung alles verändern. Bei mir und dieser speziellen Portofino-Referenz war es genauso. Ein bisschen wie Liebe auf den ersten Blick, auch wenn das fast übertrieben klingt. Ich hätte die Uhr aber nur zu gerne an meinem Handgelenk belassen und wäre mit ihr nach Hause gegangen. Doof nur: Ich hatte beim Besuch im Laden gerade keine 11.200 Euro in der Hosentasche (soll ja sogar in den besten Familien mal vorkommen :-D). Mit ihrem spannenden und elfenbeinfarbenen Zifferblatt, dem traumhaften Uhrwerk und dem gewölbten Saphirglas hat sie sich trotz des ordentlichen Preises innerhalb kürzester Zeit einen Platz in meinem Herzen erarbeitet.
Übrigens hat sich mein Bekannter, der unbedingt eine IWC Portofino besitzen wollte, letztendlich für eine Vintage Girard-Perregaux entschieden. Mit meiner Erfahrung heute würde ich ihm zu einer anderen Uhr raten. Ich bin sicher, du weißt welche ich da im Hinterkopf habe.
Welche Uhr hat dich zuletzt überrascht und zu einem Umdenken gebracht? Hinterlasse mir einen Kommentar unter diesem Beitrag. Ich freue mich auf unseren Austausch.
Luca Cordes
Kannst du dich noch an deine allererste Armbanduhr erinnern? Bei mir war es eine Scout mit einem wunderschönen blauen Zifferblatt. Ich war vielleicht zwölf oder 13 Jahre alt und liebte diese Uhr. Ich trug sie immer und zu jedem Anlass – bis sie mir während des Sportunterrichts gestohlen wurde. Vielleicht ist in genau diesem Verlust meine spätere Leidenschaft für das Sammeln von mechanischen Uhren begründet. Doch genug mit den Geschichten aus meiner traurigen Kindheit ;-)
Mein Name ist Luca Cordes, ich bin 31 Jahre alt, komme ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und lebe seit mittlerweile mehr als sieben Jahren in Berlin. Hier arbeite ich als Business Ghostwriter, Medientrainer, Autor und Berater. Bei ALTHERR bin ich für den Bereich „Text“ verantwortlich und werde dich ab sofort mit erstklassigen Inhalten rund um die Welt der Uhren versorgen. Jede Woche kannst du dich auf Neuvorstellungen, Reviews und viele weitere spannende Themen im ALTHERR Magazin freuen.
Weißt du, worüber ich mich freuen würde? Wenn du einen Kommentar unter meinen Beiträgen hinterlässt, wir in den Austausch treten und auch hier den sowieso schon starken Community-Gedanken von ALTHERR fortführen! Ich empfinde es als großes Glück, unsere Begeisterung für Luxusuhren gemeinsam ausleben zu können. Und wie sagte einst schon der Philosoph Albert Schweitzer: „Glück ist das Einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“
In diesem Sinne freue ich mich von dir zu lesen!
Wenn du mehr über meine Arbeit bei ALTHERR erfahren und wissen möchtest, mit welchen spannenden Uhren ich mich gerade beschäftige, dann folge mir auf Instagram @hestyleswatches.
Dein Luca
Hallo, ich habe 2022 meine GMT Pepsi von 1992 direkt gegen die beschriebene Portofino getauscht, zusätzlich noch mit Galt schließe. Ich habe es nicht bereit!
LG Olaf
Hallo Olaf, ich gratuliere dir zu diesem wunderbaren Tausch! Die IWC Portofino ist richtig schick und in freier Wildbahn sieht man sie nur sehr selten. Bist du eigentlich auf Instagram? Wen ja, würde ich mich über einen #altherrweekendwristshot von dir freuen. Mach dir einen schönen Abend und genieß den Blick aufs Handgelenk 🙂 Viele Grüße, Luca
Danke für den schön geschriebenen Artikel. Die Beschreibung dieser wirklich schönen Uhr passt m.E. gut. 8 Tage Gangreserve sind fasst Unvorstellbar und dann dieses filigrane Ziffernblatt das eine tolle Gelassenheit besitzt. Zeit wird relativ, aber enorm wichtig.
LG Andre
Hey Andre, danke für deinen Kommentar. Es freut mich, dass dir mein Beitrag gefallen hat. Die Uhr ist wirklich toll… Da könnte man doch direkt wieder schwach werden, oder? 😉 Besten Gruß und schönen Sonntag dir, Luca
Ein prima Artikel. Würde diese neue Portofino nicht doch sehr meine alten Portugieser ähneln, wäre die für mich ein klarer Kauf.